Leitsatz (amtlich)

1. Die Zurückweisung der Kündigung eines Mietvertrages ist gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der vollmachtgebende Vermieter den Mieter von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Hierfür ist keine Form vorgeschrieben.

2. Der Vermieter kann sich auf die Treuwidrigkeit seiner eigenen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges nicht berufen.

3. Bei Neuabschluss eines längerfristigen Mietvertrages nach wirksamer fristloser Kündigung eines inhaltsgleichen Mietverhältnisses ist die Schriftform des § 550 BGB zu wahren (vgl. BGH NJW 1998,2664).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 95 O 59/17)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 16. Mai 2019 verkündete Teilurteil der Kammer für Handelssachen 95 beim Landgericht Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

1. Rechtsirrig nehme das Landgericht an, dass der für die fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB i.V.m. 3.3.1 Teil B des Mietvertrages erforderliche Rückstand vorgelegen habe. Die Klägerin habe hierzu nichts vorgetragen, so dass die Klage von Anfang an unschlüssig gewesen sei. Auch die Beklagte habe im Rechtsstreit nie behauptet, dass die Voraussetzungen des Zahlungsverzuges vorgelegen hätten.

In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass der Senat in anderen Verfahren, die ebenfalls das Thema "Mieten vor Eröffnung des Einkaufszentrums M..." zum Gegenstand gehabt hätten, der Beklagten den Hinweis erteilt habe, dass der Minderungsausschluss auf die Zahlung von Mieten vor Eröffnung des Einkaufszentrums wegen gegebener Entscheidungsreife unter Umständen keine Anwendung finde. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung hätte überhaupt kein kündigungsrelevanter Rückstand bestanden. Da es nur um Rechtsfragen gegangen sei, habe von Anfang an Entscheidungsreife bestanden und es habe von Anfang an gemindert werden können.

2. Des Weiteren habe die Objektverwaltung bei Ausspruch der Kündigung nicht erkennbar im Namen der Vermieterin gehandelt. Es liege ein Verstoß gegen das Offenkundigkeitsprinzip vor (§ 164 Abs. 1 BGB).

Dem Landgericht könne nicht darin gefolgt werden, dass die erklärte Zurückweisung der Kündigung durch die Klägerin wegen des Nichtbeifügens einer Originalvollmacht nicht durchgreife. Die Beklagte habe erstinstanzlich bestritten, dass dem Schreiben vom 27.02.2014 (Anlage 32) eine solche Vollmacht überhaupt beigefügt gewesen sei. Ferner sei bestritten worden, dass eine Vollmacht zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung schon vorgelegen habe.

Der Anwendungsbereich des § 174 Satz 2 BGB sei nicht eröffnet. Vorliegend sei die Bevollmächtigung nie durch einen Vollmachtgeber mitgeteilt worden.

Auch aus der Zahlungserinnerung vom 21.11.2014 (Anlage K 44) ergebe sich keine Bevollmächtigung zur Kündigung.

Die Voraussetzungen für die Ausschluss der Zurückweisung wegen § 242 BGB lägen nicht vor. Die Objektverwaltung sei in den Abschluss des Mietvertrages nicht involviert gewesen und es habe auch keine längere Geschäftsbeziehung gegeben.

3. Selbst wenn eine Beendigung des Mietverhältnisses am 05.12.2014 zu bejahen sei, so sei das Mietverhältnis aber zu den ursprünglich niedergelegten Bedingungen neu begründet worden.

Beide Parteien hätten den übereinstimmenden Willen gehabt, die erfolgte Kündigung als unwirksam anzusehen und es bei dem ursprünglichen Mietverhältnis zu belassen. Dies ergebe sich aus dem Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 05. März 2015 (Anlage B 5).

Unzutreffend sei die Annahme, dass dieser neue Mietvertrag nicht den Schriftformanforderungen genüge. Es spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass sich die Parteien nicht auf den Abschluss des 1. Nachtrags geeinigt hätten. Auch bei der Einigung über die Fortgeltung wäre unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH zur "äußeren Form" die Schriftform gewahrt. So habe der BGH - in Abkehr von der (vom Landgericht zitierten) Entscheidung vom 24.06.1998 - XII ZR 195/96, NJW 1998,2664 - entschieden, dass der Mietvertrag der Schriftform genüge, wenn er inhaltsgleich mit den in der äußeren Form des § 126 BGB niedergelegten Vertragsbedingungen nur mündlich oder konkludent abgeschlossen worden ist (vgl. BGH Urteil vom 24.02.2010 - XII ZR 120/06, vom 17.06.2015 - XII ZR 98/13 und vom 07.03.2018 - XII ZR 129/16).

4. Auch könne dem Landgericht nicht darin gefolgt werden, die Klägerin verhalte sich nicht treuwidrig, wenn sie sich fast zwei Jahre nach Ausspruch der Kündigung auf deren Unwirksamkeit berufe. Die Klägerin handle in diametralem Widerspruch zu ihren Erklärungen. Demgegenüber habe die Beklagte - entgegen der Annahme des Landgerichts - zu keinem Zeitpunkt den Einwand erhoben, dass die Zurückweisung nach § 174 BGB zu Unrecht erfolgt sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 16. Mai 2019 verkündeten Teilurteils d...

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