Leitsatz (amtlich)
Ist in einem schriftlichen Wohnungsmietvertrag die Nutzung einer Dachterrasse durch den Mieter nicht vereinbart, so ist die Gestattung der Nutzung - gleich ob diese ausdrücklich oder stillschweigend durch bloße Duldung erteilt worden ist - frei widerruflich.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 28.05.2008; Aktenzeichen 4 C 514/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28.5.2008 verkündete Urteil der Zivilprozessabteilung 4 des AG Tempelhof-Kreuzberg abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Dachterrasse auf dem Quergebäude des Hauses T.U. in ... zu nutzen.
Die Kosten der ersten Instanz und des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist begründet.
Die gem. § 265 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsklage der Klägerin ist begründet.
Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Dachterrasse auf dem Quergebäude des Hauses T.U. in ... zu nutzen.
Entgegen der vom AG in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Auffassung hat die Beklagte gegen die Klägerin keinen vertraglichen Anspruch auf Nutzung der Dachterrasse. Die Dachterrasse ist ausweislich der unter § 1 des Mietvertrages vom 18.1.1996 getroffenen Vereinbarung nicht Mietgegenstand, denn sie ist bei der Beschreibung des Mietgegenstandes nicht mitaufgeführt. Die Dachterrasse ist auch nicht über Ziff. 13.2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen Vertragsgegenstand geworden. Gemäß Ziff. 13.2 ist der Mieter berechtigt, vorhandene Gemeinschaftseinrichtungen, wie Aufzug, Waschküche, Trockenräume, Fahrradkeller usw. mitzubenutzen. Zwar ist die Aufzählung der Gemeinschaftseinrichtungen in Ziff. 13.2 nicht abschließend, die Dachterrasse ist aber nicht als Gemeinschaftseinrichtung zu bewerten, weil sie jedenfalls bislang unstreitig nicht allen Mietern des Hauses T.U. in ..., sondern über Jahre ausschließlich den Bewohnern des Quergebäudes zur Nutzung zur Verfügung stand. Die übrigen Mieter waren von der Nutzung ausgeschlossen, weil ihnen ein Schlüssel nicht zur Verfügung stand. Zudem handelt es sich bei Dachterrassen, die anders als Aufzüge, Waschküchen, Trockenräumen und Fahrradkeller, im allgemeinen nicht von allen Mietern genutzt werden, eben nicht um Flächen, die typischer Weise als Gemeinschaftseinrichtung eingeordnet werden.
Dem AG kann auch nicht gefolgt werden, soweit es in der angefochtenen Entscheidung ausführt, dass die Dachterrasse der Beklagten deshalb vertraglich zur Nutzung überlassen worden sei, weil sie unbestritten vorgetragen habe, dass ihr bei Mietvertragsabschluss vermieterseits mitgeteilt worden sei, dass die Terrasse als Gemeinschaftseinrichtung zur Verfügung stehe. Die Klägerin hat diese Behauptung in der Berufungsbegründung bestritten. Sie ist mit diesem Bestreiten nicht gem. § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Nachdem das AG in der mündlichen Verhandlung vom 13.2.2008 auf die Entscheidung des Senates (GE 2007, 291), wonach eine Gestattung frei widerruflich ist, hingewiesen hat, konnte die Klägerin davon ausgehen, dass das AG jedenfalls nicht von einer vertraglich vereinbarten Nutzung ausgeht und hatte daher auch keine Veranlassung die behauptete Vereinbarung zu bestreiten. Zwar will das AG ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils einen Hinweis erteilt haben, dass der Hinweis vom 13.2.2008 nur alternativ erteilt worden sei. Dieser Hinweis wird aber von der Klägerin bestritten. Er ergibt sich nicht aus den Akten und insbesondere auch nicht aus den Protokollen zur mündlichen Verhandlung. Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten, wie auch etwaige Hinweise gem. § 139 ZPO, kann gem. § 165 Satz 1 ZPO nur durch das Protokoll bewiesen werden (Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 314 Rz. 4). Es ist daher davon auszugehen, dass ein entsprechender Hinweis nicht erteilt worden ist. Da die Beklagte trotz des Bestreitens der Klägerin für die behauptete Vereinbarung keinen Beweis angetreten hat, ist gem. § 125 BGB von der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Mietvertrages auszugehen (Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 67. Aufl., § 125 Rz. 15). Dieser führt aber, wie dargelegt, die Dachterrasse nicht als Vertragsgegenstand auf.
Dass die Nutzung der Dachterrasse vertraglich vereinbart worden sei, ergibt sich im Übrigen auch nicht aus den von der Beklagten zu den Akten gereichten Schreiben der Hausverwaltung vom 2.2.2007, 25.9.1996, 18.7.1997 und 21.6.2006. Aus diesen Schreiben ergibt sich lediglich, dass verschiedene Mieter des Hauses zur Nutzung der Dachterrasse berechtigt waren. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Nutzung erfolgte und dass es sich bei der Dachterrasse um eine Gemeinschaftseinrichtung im Sinne von Ziff. 13.2 der allgemeinen Vertragsbedingungen handelte, lässt sich diesen Schreiben nicht entnehmen.
Es ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin die Nutzung der Dachterrasse durch die Beklagte gestattet hat, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein...