Normenkette
UrhG § 54 Abs. 1, § 87 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 28.11.2007; Aktenzeichen 23 O 37/07) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Berlin vom 28.11.2007 - 23 O 37/07 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadenersatz wegen der nach ihrer Auffassung fehlerhaften bzw. unvollständigen Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29.5.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. EG Nr. L 167 vom 22.6.2001, S. 10) in Anspruch. Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 9.6.1997 vom Deutschen Patent- und Markenamt die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb einer Verwertungsgesellschaft nach dem UrhG erteilt. Seitdem nimmt sie treuhänderisch Rechte und Ansprüche von Medienunternehmen wahr, die sich aus dem UrhG ergeben und verteilt die erzielten Einnahmen an die Berechtigten. Derzeit repräsentiert die Klägerin 59 private Hörfunk- und 33 private Fernsehunternehmen.
Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Regelung in § 87 Abs. 4 UrhG, wonach Sendeunternehmer - anders als die Inhaber anderer Schutzrechte - nicht an der Geräte- und Speichermedienabgabe nach § 54 Abs. 1 UrhG beteiligt werden, um für die durch das private Vervielfältigungsrecht nach § 53 UrhG entstehenden Einbußen zu entschädigen. Die genannte Richtlinie sieht in Art. 2 lit. e) RL 2001/29/EG vor, dass das Vervielfältigungsrecht grundsätzlich den Sendeunternehmen vorbehalten bleiben muss. Art. 5 Abs. 2 lit. b RL 2001/29/EG lässt eine Beschränkung des Vervielfältigungsrechts zu
"b) in Bezug auf Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke unter der Bedingung, dass die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten, wobei berücksichtigt wird, ob technische Maßnahmen gem. Art. 6 auf das betreffende Werk oder den betreffenden Schutzgegenstand angewendet wurden;"
Gemäß Art. 13 Abs. 1 S. 1 RL 2001/29/EG war die Richtlinie bis zum 22.12.2002 von den Mitgliedstaaten umzusetzen. Mit der vorliegenden Leistungsklage macht die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend, welche den Sendeunternehmen durch die nach ihrer Auffassung unzureichenden Umsetzung der Richtlinie in den Jahren 2003 bis 2005 entstanden sein sollen. In der mündlichen Berufungsverhandlung hat sie die Klage um einen Feststellungsantrag erweitert, der sich auf den ab 2006 nach ihrer Auffassung entstandenen und in der Zukunft weiter entstehenden Schaden bezieht.
Das LG Berlin hat die Klage in erster Instanz abgewiesen. Der Klägerin ist das Urteil des LG vom 28.11.2007 am 13.12.2007 zugestellt worden. Mit ihrer am 4.1.2008 eingelegten und nach Fristverlängerung bis zum 13.3.2008 am gleichen Tage begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, infolge des Rechts zur privaten Vervielfältigung entgingen den privaten Rundfunk- und Fernsehveranstaltern Werbeeinnahmen von jährlich mindestens 360 Mio. EUR. Hätte die Beklagte die im Hinblick auf diese Verluste nach Art. 5 Abs. 2 lit. b RL 2001/29/EG gebotene Beteiligung der Sendeunternehmer an der Geräte- und Speichermedienabgabe rechtzeitig in das nationale Recht umgesetzt, hätten die von ihr repräsentierten Wahrnehmungsberechtigten hieraus im Jahr 2003 Einnahmen i.H.v. 22,56 Mio. EUR, im Jahr 2004 Einnahmen von 31,9 Mio. EUR und im Jahr 2005 Einnahmen von 33,18 Mio. EUR erzielt, woraus sich insgesamt die Klageforderung von 87,64 Mio. EUR errechne.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der geltende gemachte Anspruch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs begründet sei. Die Beklagte habe es versäumt, die Richtlinie 2001/29/EG rechtzeitig in das nationale Recht umzusetzen, worin ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht zu sehen sei. Der in Art. 5 Abs. 2 lit. b RL 2001/29/EG vorgesehene "gerechte Ausgleich" erfordere unabweislich, dass den Sendeunternehmen zum Ausgleich für die Möglichkeit privater Vervielfältigungen - ebenso wie allen anderen Schutzrechtsinhabern auch - eine angemessene Vergütung gewährt werden müsse. Hierzu sei es zwingend notwendig gewesen, die privaten Hörfunk- und Fernsehveranstalter an den Einnahmen aus der Geräte- und Speichermedienabgabe zu beteiligen. In der unterlassenen Gesetzesänderung liege ein...