Leitsatz (amtlich)
Die namentliche Nennung einer Person im Rahmen einer berechtigten Berichterstattung ist zulässig, wenn über das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem den Gegenstand der Berichterstattung bildenden Geschehen hinaus unter Berücksichtigung des Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der konkreten, in dem Geschehen handelnden Person des Betroffenen überwiegt. Eine identifizierende Berichterstattung ist dagegen nicht stets bereits dann unzulässig, wenn die Berichterstattung auch ohne Namensnennung erfolgen kann.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 22.06.2004; Aktenzeichen 27 O 213/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage unter Abänderung des Urteils des LG Berlin v. 22.6.2004 (27 O 213/04) abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung seines Namens im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über die Schließung der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte, S.-straße 27 in Niederlehme/Ziegenhals in Anspruch.
Das LG Berlin hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Der Beklagten ist das Urteil des LG v. 22.6.2004 am 5.7.2004 zugestellt worden. Mit ihrer am 3.8.2004 eingelegten und am 1.9.2004 begründeten Berufung begehrt die Beklagte die Aufhebung der einstweiligen Verfügung sowie Zurückweisung des Antrages auf ihren Erlass.
Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Die Beklagte hält die streitgegenständlichen Veröffentlichungen für zulässig, weil die Abwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse an der Erhaltung der Gedenkstätte und dem Interesse des Klägers an seiner Anonymität auch im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit des Klägers zu dessen Lasten ausfallen müsse.
Hierzu trägt die Beklagte vor, der Kläger habe das Grundstück, auf dem sich die Gedenkstätte befindet, ungewöhnlich preiswert zu einem Kaufpreis i.H.v. 86.000 Euro erworben. Nach den Verkaufsbedingungen sei eine öffentliche Nutzung der Gedenkstätte vom Kläger weiterhin zu gewährleisten. Nach dem Erwerb des Grundstückes habe der Kläger jedoch sofort die Aufhebung des Denkmalschutzes beantragt und dem die Gedenkstätte betreuenden Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte e.V. den Zutritt zur Gedenkstätte verwehrt. Als Leiter des Referates. im Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg sei der Kläger verantwortlich für Bau- und Abrissgenehmigungen und habe in diesem Zusammenhang auch Einvernehmen mit den Denkmalschutzbehörden des Landes Brandenburg herzustellen.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass es umfangreiche Vorveröffentlichungen und Presseaktivitäten des Klägers gegeben habe.
Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LG v. 22.6.2004 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger meint, die Nennung seines Namens im Rahmen der Berichterstattung über die Gedenkstätte sei unzulässig, weil dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch ohne eine Identifizierung des Klägers durch Mitteilung seines Namens genügt werden könne.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823, analog 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, Art. 1 und 2 Abs. 1 GG nicht zu. Die (allein) durch seine Namensnennung identifizierende Berichterstattung verletzt den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. Art. 1 und 2 Abs. 1 GG.
a) Ob ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen vorliegt, ist anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen; denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BGH v. 13.11.1990 - VI ZR 104/90, MDR 1991, 519 = NJW 1991, 1532).
Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht einer Person, insb. einer nicht in der Öffentlichkeit stehenden Person, gehört das Recht auf Anonymität. Dieses Recht folgt aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gibt einen Anspruch dagegen, persönliche Lebenssachverhalte zu offenbaren und seine Person so der Öffentlichkeit insb. durch Identifizierung und Namensnennung verfügbar zu machen. Danach kann der einzelne grundsätzlich selbst darüber entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (BGH v. 13.11.1990 - VI ZR 104/90, MDR 1991, 519).
Auch das Recht auf Anonymität ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Der einzelne hat keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über seine Daten. Er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nic...