Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Feststellung einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für einen manipulierten Unfall (hier: angeblicher Anstoß mittels gemietetem Kleintransporter gegen geparkten Mercedes SLK 200-230 bei Dunkelheit und Schneetreiben; nicht kompatible Schäden am Opferfahrzeug; keine stimmige Darstellung der Fahrweise des Täterfahrzeugs; kein plausibler Grund für die Fahrt mit dem gemieteten Kleintransporter).

Für die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Unfallmanipulation ist nicht die Feststellung erforderlich, dass der Eigentümer des Opferfahrzeugs und der Fahrer des Täterfahrzeugs vor dem Unfall sich gekannt haben.

Das Bestehen einer Vollkaskoversicherung für das Opferfahrzeug schließt die Bewertung nicht aus, dass eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für ein manipuliertes Ereignis vorliegt.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 04.08.2004; Aktenzeichen 17 O 112/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 4.8.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des LG Berlin - 17 O 112/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Zurückweisung der Berufung erfolgt aus den auch nach Anhörung des Sachverständigen im zweiten Rechtszug im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die in Bezug genommen werden. Im Hinblick auf die Ausführungen im zweiten Rechtszug sowie im Hinblick auf die aufgrund des erstinstanzlich von der Klägerin gestellten Antrags zwingend erforderliche Anhörung des Sachverständigen (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 411 Rz. 5a, m.w.N.) ist ergänzend auf das Folgende hinzuweisen:

1. Der erkennende Senat geht in ständiger Rechtsprechung von dem Folgenden aus: Grundsätzlich obliegt es dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls, die Verursachung des Schadens durch das gegnerische Fahrzeug darzutun und zu beweisen (KG, Urt. v. 3.6.1996 - 12 U 2074/95; Urt. v. 17.6.1996 - 12 U 2152/95; Urt. v. 24.6.1996 - 12 U 2835/95; Urt. v. 26.7.1999 - 12 U 4832/97). Ferner hat der Geschädigte das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen. Selbst wenn dem Geschädigten diese Beweise gelingen, entfällt eine Haftung des Schädigers, Halters des gegnerischen Fahrzeugs und des Haftpflichtversicherers, wenn in ausreichendem Maße Umstände vorliegen, die die Feststellung gestatten, dass es sich bei dem Schadensereignis um einen verabredeten Unfall gehandelt hat. In diesem Fall scheitert ein Ersatzanspruch an der Einwilligung des Geschädigten, ohne dass besonders auf § 152 VVG abzustellen wäre. Den Nachweis, dass ein vorgetäuschter Unfall vorliegt, hat grundsätzlich der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu führen. Doch genügt der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für unredliches Verhalten. Die ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen, die für eine Manipulation spricht, gestattet eine entsprechende Feststellung (§ 286 ZPO; grundlegend BGHZ 71, 339 = VersR 1978, 242 = NJW 1978, 2154; VersR 1979, 514; vgl. die weiteren Nachweise in den vorzitierten Entscheidungen des Senats).

Unter Heranziehung der vorstehenden Grundsätze ist das LG in seiner Entscheidung zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, hinreichend gewichtige Umstände führten vorliegend zu der erheblichen Wahrscheinlichkeit, es handele sich um einen gestellten Unfall. Wie das LG in seiner Entscheidung ausführt, spricht eine Vielzahl von Indizien für die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Manipulation sprechen. Ergänzend sei die Klägerin darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Farbabrieb auf dem Gummireifen vorne links nicht "um eine Zufälligkeit" handelt. Nach ihrer eigenen Behauptung hat die Klägerin die Reifen nach dem Vorfall vom 7.1.2003, 22:00 Uhr, aber noch vor der Besichtigung des Fahrzeugs durch den Schadenssachverständigen am nächsten Tag gewechselt, um ein gleichmäßiges Abfahren der Reifen zu gewährleisten. Gleichwohl sind auf diesem Reifen rote Farbspuren zu erkennen, die in Lage und Farbton dem Farbauftrag an der linken vorderen Stoßstange ähneln. Diese Farbantragungen wiederum sind, wie der Sachverständige in seinem Gutachten ausführt, auffällig, da sie keine einheitliche Ausrichtung haben. Der Sachverständige hat die Ansicht geäußert, dass dieser Farbantragungen "eher zufällig auf die Stoßstange gespritzt sind". Dem Gericht drängt sich dagegen die Annahme auf, dass diese Farbe nach dem Reifenwechsel und damit nach dem Unfall absichtlich auf die Stoßstange aufgebracht wurde, um das Schadensbild zu ändern. Hierbei hat dann auch der Reifen den rötlichen Farbfleck "abbekommen".

2. Die Anhörung des Sachverständigen hat keine Umstände ergeben, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Der Sachverständige hat sich mit den von der Klägerin gegen sein schriftliches Gutachten vorgebrachten Einwendungen auseinandergesetzt und diese überzeugend entkräftet. Darüber hinaus hat sich im Rahmen dieser Anhörung ein weiteres, zu Lasten der Klägerin zu wertendes Indiz ergeben. Die K...

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