Entscheidungsstichwort (Thema)
Ursächlichkeit eines Unfalls für behauptete HWS-Beschwerden
Leitsatz (amtlich)
Das Gericht ist nicht gehalten, auf Antrag des Klägers dessen behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen über die Unfallursächlichkeit von HWS-Beschwerden zu laden, wenn der Kläger nicht darlegt, diese Ärzte hätten objektivierbare Befunde erhoben, die einen eindeutigen Schluss der Verursachung der behaupteten Beschwerden durch den Unfall zulassen würden.
Auch wenn das Gericht das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen für überzeugend hält und selbst keinen Erklärungsbedarf sieht, hat es dem Antrag einer Partei auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens und zur Befragung durch die Partei grundsätzlich zu entsprechen (§§ 402, 397 ZPO).
Die Ursächlichkeit eines Unfalls für behauptete HWS-Beschwerden kann nicht festgestellt werden, wenn nicht sicher ausgeschlossen werden kann, dass die Beschwerden auf einer Schädigung durch einen Vorunfall beruhen und der gerichtliche Sachverständige eine Verschlimmerung einer Vorschädigung durch den Zweitunfall zwar für möglich, aber nicht für wahrscheinlich hält.
Normenkette
ZPO §§ 286, 397, 402
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 28.01.2004; Aktenzeichen 24 O 340/01) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.1.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin - 24 O 340/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Im Hinblick auf das Vorbringen in der Berufung weist es auf Folgendes hin:
a) Soweit die Klägerin mit der Berufung erstmals die Feststellungen des Sachverständigen W. in seinem Gutachten vom 2.10.2002 angreift sind die Voraussetzungen, unter denen dieses Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise zugelassen werden könnte weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Im Übrigen wäre das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin auch nicht geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen. Unterstellt man die Auffassung der Klägerin auf S. 18 der Berufungsbegründung als zutreffend, wonach mangels konkreter Kenntnis der Beschädigungen, die am unfallbeteiligten Pkw Opel entstanden sind keinerlei konkrete Aussagen zur kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung am klägerischen Fahrzeug möglich sind, so würde dies bedeuten, dass auch die vom LG zugunsten der Klägerin unterstellte kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von jedenfalls 13 km/h nicht bewiesen wäre. Die kollisoinsbedingte Geschwindigkeitsänderung könnte also noch unter dem Wert von 13 km/h gelegen haben. In diesem Zusammenhang weist das Gericht darauf hin, dass die Entscheidung des BGH vom 28.1.2003 (BGH NZV 2003, 167) nicht, wie die Klägerin offenbar in ihrem Schriftsatz vom 25.5.2005 meint, so zu verstehen ist, dass die Höhe der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung für die Feststellung einer HWS-Distorsion ohne Bedeutung wäre. Der BGH hat sich in der zitierten Entscheidung lediglich gegen die Auffassung einzelner Gerichte gewandt, wenn die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung die sog. "Harmlosigkeitsgrenze" nicht überschreite, sei eine Verletzung der Halswirbelsäule wissenschaftlich ausgeschlossen. Die im medizinischen Schrifttum soweit ersichtlich durchgängig vertretene Auffassung, wonach die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Halswirbelsäule um so größer ist, je stärker die auf den Fahrzeuginsassen einwirkende Kraft ist, hat der BGH in seiner Entscheidung nicht in Frage gestellt.
b) Entgegen der Ansicht der Klägerin war das LG nicht gehalten, die von ihr im Schriftsatz vom 7.1.2004 als sachverständige Zeugen benannten Prof. H. und Dr. R. zu laden. Weder der Schriftsatz vom 7.1.2004 noch derjenige vom 10.11.2003 enthalten konkrete Beweisbehauptungen, die der Beweisaufnahme durch Vernehmung eines sachverständigen Zeugen zugänglich wären. Die Klägerin behauptet nicht, die von ihr benannten Ärzte hätten objektivierbare Befunde erhoben, die den eindeutigen Schluss der Verursachung der von ihr behaupteten Verletzungen durch den streitgegenständlichen Unfall vom 22.12.1997 beweisen würden. Zutreffend ist das LG daher davon ausgegangen, dass der behauptete Ursachenzusammenhang zwischen den von der Klägerin beklagten Verletzungen und dem streitgegenständlichen Unfall nur durch ein Sachverständigengutachten erbracht werden kann.
c) Dem LG ist auch darin zu folgen, dass die Klägerin Umstände, die nach § 412 ZPO Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gegeben hätten, nicht aufgezeigt hat. Soweit es die Klägerin als gravierenden Mangels des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. Z. angesehen hat, dass dieser in seinem schriftlichen Gutachten vom 24.7.2003 von einem nicht zutreffenden beschwerdefreien Zeitraum ausgegangen sei, hat der Sachverständige bei seiner Befragung im Termin vom 2.5.2005 klargestellt...