Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren die Parteien eines Mietvertrages über Gewerberaum als Mietzweck den "Betrieb eines Spielwaren- und Babyartikel Fachmarktes sowie Kinderbekleidung", so stellt die Lagerung und/oder der Verkauf von Silvesterfeuerwerksprodukten der Kategorie 2 einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache dar. Bei Silvesterfeuerwerksprodukten der Kategorie 2 handelt es sich nicht um Spielwaren.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 08.12.2010; Aktenzeichen 25 O 270/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 8.12.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des LG Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe 41.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 8.12.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:
Sie, die Beklagte, habe die Mietsache nicht vertragswidrig gebraucht. Der Verkauf von Silvester-Feuerwerkskörpern sei grundsätzlich vom Mietzweck des Verkaufs von "Spielwaren" umfasst.
Bei der Auslegung des Vertrages seien nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte der Willen der Beklagten, in all ihren Filialen ihr bundesweites Sortiment anzubieten, die bundesweite Erwartungshaltung der Käuferkreise der Beklagten sowie der im Handelsregister festgehaltene Gesellschaftszweck zu berücksichtigen.
Da die von den Vertragsparteien getroffene Abrede zum Mietzweck erkennbar unspezifisch erfolgt sei, seien vom Mietzweck Waren umfasst, die von der Beklagten und ihren Fachmärkten für Spielwaren bundesweit angeboten werden. Unstreitig vertreibe sie, die Beklagte in all ihren Filialen Feuerwerksprodukte und insbesondere zum Jahresende Silvester-Feuerwerksprodukte.
Daneben sei für die Bestimmung des Mietzwecks das von der Beklagten im Handelsregister öffentlich gemachte Warensortiment erheblich. Die Klägerin könne nicht rechtserheblich einwenden, dass der im Handelsregisterauszug der Beklagten angeführte Vertrieb von "pyrotechnischen Artikeln" ihr bei Mietvertragsabschluss nicht bekannt gewesen sei, da diese Tatsache im Handelsregister öffentlich bekannt gemacht sei. Die Klägerin hätte den Mietzweck im Verhältnis zur Beklagten ausdrücklich einschränken müssen, um aus dem Warensortiment der Beklagten "Pyrotechnische Artikel" auszuschließen.
Der Grad der Gefährlichkeit könne keinen Maßstab dafür darstellen, ob ein Feuerwerkskörper den Charakter eines Spielzeugs habe, oder nicht.
Die Klägerin sei nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB zur Zustimmung verpflichtet. Ein sachlicher Grund stehe der Zustimmung nicht entgegen. Die Klägerin habe nicht den Nachweis geführt, dass aus sicherheitstechnischen Gründen der Beklagten der Vertrieb pyrotechnischer Artikel zu untersagen sei. Sie, die Beklagte habe nachgewiesen, dass sie allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften genüge und ihre Verkehrssicherungspflichten umfänglich einhalte.
Die Beklagte beantragt, das am 8.12.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des LG Berlin abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:
Der vertraglich vereinbarte Mietzweck sei hinreichend ausdifferenziert. Die Beklagte dürfe als Betreiberin eines Spielwaren-Fachmarktes nur solche Artikel verkaufen, die unter den Oberbegriff Spielwaren einzuordnen seien. Aus der fehlenden Aufführung eines Sortiments ergebe sich nicht, dass die Klägerin damit einverstanden gewesen sei, dass die Beklagte das in ihren Fachmärkten bundesweit angebotene Sortiment vertreibt. Die Beklagte habe ein Bedürfnis, ihr gesamtes bundesweites Sortiment auch am Standort "Gropius-Passagen" vertreiben zu können, unstreitig nicht zum Gegenstand der Mietvertragsverhandlungen gemacht.
Der im Handelsregister verzeichnete Unternehmensgegenstand der Beklagten sei für sie, die Klägerin, nicht maßgeblich. Entscheidend sei allein der vereinbarte Mietzweck.
Feuerwerksartikel der Kategorie 2 seien aufgrund ihrer spezifischen hohen Gefährlichkeit nicht als Spielwaren anzusehen. Dem Umstand, dass die Verwendung von Silvester-Feuerwerkskörpern alljährlich zu schweren Verletzungen bis hin zum Tod von Menschen sowie zu Sachschäden in Millionenhöhe führt, habe der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, verbietet, Feuerwerkskörper der Gefahrenklasse 2 käuflich zu erwerben. Es gebe zwar auch Spielzeug, von dem nicht unerhebliche Gefahren ausgehen. Von den Feuerwerksartikeln der Klasse 2 gingen jedoch Gefahren aus, die einem Spielzeug wesensfremd seien.
Die Beklagte habe auch keinen Anspruch auf Änderung oder Erweiterung des Nutzungs...