nicht rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
Ein Gewinnspiel, bei dem das Publikum nach dem Erklingen von ein und/oder zwei Musikstücken, die in zeitlich für das Publikum nicht vorauszusehenden Abständen gespielt werden, bei einem Radiosender anrufen muss, um einen ausgelobten Gewinn von bis zu 200.000, – DM zu erlangen, ist unzulässig. Die Unlauterkeit liegt in der Verbindung eines sehr hohen Gewinns mit den Zwang, den Sender über eine unbestimmte Zeit hinweg verfolgen zu müssen.
Normenkette
UWG § 13 Abs. 2 Nrn. 2, 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 102 O 217/97) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. Januar 1998 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung wegen der Untersagung in Höhe von 150.000,00 DM und im übrigen in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10% abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 150.000,00 DM.
Tatbestand
Der Kläger ist die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs e.V. Die Beklagte betreibt den privaten Radiosender 94,3 r.s.2.
In der Zeit Vom 27. Januar bis zum 31. Januar 1997 ließ die Beklagte bei Endverbrauchern Postkarten einwerfen, in denen sie mit folgenden Angaben warb:
„Bei 94,3 r.s.2 können Sie zur Zeit 100.000, 00 Mark gewinnen und verdoppeln, wenn Sie uns diese Postkarte zurückschicken. Einfach ausfüllen, Radio einschalten und dann hören Sie, wie Sie 200.000,00 Mark gewinnen können!”
Der Verbraucher musste, wenn er an dem Gewinnspiel teilnehmen wollte, auf der Postkarte sein Einverständnis erteilen, dass die Beklagte ihn während der laufenden Rundfunksendung im Rahmen des Gewinnspiels anrufen durfte.
Am 3. Februar 1997 veröffentlichte die Beklagte in der Berliner Zeitung eine Anzeige, in der sie das Gewinnspiel bewarb.
In der entsprechenden Radiosendung der Beklagten lobte sie einen Gewinn von 1.000,00 DM an denjenigen aus, der sich, nachdem ein bestimmtes, vorher bekanntgegebenes Lied in der Musikprogramm gespielt wurde, als 10. Anrufer bei der Beklagten meldete. Wurden zwei bestimmte, vorher benannte Musikstücke gespielt, so lobte die Beklagte 100.000,00 DM an den 10. Anrufer aus. Die Höhe des gewonnenen Geldbetrages verdoppelte sich, wenn der Anrufe Mitglied im „94,3 r.s.2 Gewinnclub” war.
Nachdem der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 5. Februar 1997 abgemahnt hatte, erwirkte er eine einstweilige Verfügung des Senats vom 13. Mai 1997 – 5 W 3259/97, durch die in Änderung des Beschlusses der Zivilkammer 15 des Landgerichts vom 10. März 1997 – 15 O 112/97 – der Beklagten das streitgegenständliche Verhalten untersagt wurde. Unter dem 23. Juni 1997 übersandte der Kläger der Beklagten ein Abschlussschreiben. An Kosten für dieses und die Abmahnung hatte der Kläger 465,45 DM.
Der Kläger ist der Auffassung gewesen, dass diese Werbeaktion sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG sei.
Der Kläger hat beantragt,
- der Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Teilnahme an einem Gewinnspiel davon abhängig zu machen, dass das Publikum nach den Erklingen von ein und/oder zwei Musikstücken, die in zeitlich für das Publikum nicht vorauszusehenden Abständen gespielt werden, bei der Beklagten anrufen muss, um einen ausgelobten Gewinn in Höhe von bis zu 200.000,00 DM zu erlangen,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 465,45 DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit (19 August 1997) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen:
Der Antrag sei zu unbestimmt, weil er nicht erkennen lasse, ab Auslobung welchen Betrages eine unzulässige Verbindung zwischen der Gewinnchance und der Notwendigkeit, diese durch Zuhörer zur realisieren, hergestellt werde. Die Durchführung von Verlosungen, bei denen die Notwendigkeit bestehe, das Rundfunkprogramm zu hören, sei bei allen privaten Hörfunksendern üblich.
Die Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts hat durch das am 6. Januar 1997 verkündete Urteil, auf das Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
Die Beklagte rügt:
Der Antrag des Klägers, der nicht nur das konkrete Gewinnspiel erfassen wolle, sei unzulässig, Die untere Verbotsgrenze sei nicht ersichtlich. Die Kriterien der Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Gewinnspielen seien nicht ohne weiteres auf diesen Fall zu übertragen, weil die angesprochenen Verkehrskreise nicht zur Vornahme wirtschaftlicher Entschließungen veranlasst würden. Da sie sowohl das Programm als auch die Teilnahmemöglichkeit unentgeltlich erhalten würden, fehle die Leistung eines Einsatzes. Die Verbindung ihres Gewinnspiels mit der ...