Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 86 O 16/17) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 08. November 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 86 O 16/17 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 615.034,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02. August 2013 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 Prozent abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 Prozent leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter - Antrag eingegangen bei Gericht am 17. Juni 2013 - über das Vermögen der B... B...-S... GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) in dem am 01. August 2013 eröffneten Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung (Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 01. August 2013 - 36b IN 2533/13, Anlage K 1). Mit seiner Klage nimmt er im Wege der Insolvenzanfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung und kongruenter Deckungen die Beklagte hinsichtlich Zahlungen im Zeitraum vom 21. Oktober 2011 bis 21. Mai 2013 i.H.v. insgesamt 615.034,71 EUR, die diese von der Schuldnerin erhalten hat, nebst Zinsen sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Wegen der Einzelheiten des unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Ergänzend ist auszuführen:
Das Landgericht hat die Klage vollumfänglich abgewiesen. Zahlungsansprüche aus §§ 143 Abs. 1 S. 1, 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 S. 1 und 2 InsO oder aus §§ 143 Abs. 1 S. 1, 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO seien nicht gegeben, weil der Kläger weder hinreichend substantiiert dargelegt habe, dass die Schuldnerin vor dem 19. März 2013 zahlungsunfähig gewesen sei, noch dass dies bis zum 21. Mai 2013, dem Zeitpunkt der letzten Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte, der Fall gewesen sei. Jedenfalls fehle aber eine ausreichende Darlegung dazu, dass die Organe der Schuldnerin eine Zahlungsunfähigkeit gekannt hätten oder gar die Beklagte hiervon oder von einer Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin Kenntnis gehabt hätte. Grundlage der Darlegungen des Klägers zu der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 10. Januar 2011 seien die vom Kläger der Buchhaltung der Insolvenzschuldnerin entnommenen Zahlen. Diese seien aber nach den substantiierten Darlegungen der Beklagten jedenfalls in Bezug auf Forderungen gegen die Beklagte mindestens teilweise unzutreffend, weshalb nicht ausgeschlossen werden könne, sondern vielmehr zu vermuten sei, dass auch die Darstellung der Forderungen anderer Gläubiger in der Buchhaltung mindestens teilweise nicht dem tatsächlichen Stand der Verbindlichkeiten entsprochen habe. Die auszugsweise Darstellung der Geschäftsbeziehungen zu einzelnen größeren Gläubigern und von diesen ausgesprochene Mahnungen würden allein diese Vermutung nicht zu widerlegen vermögen. Die Beauftragung eines Sachverständigen komme nicht in Betracht, da dies als unzulässige Ausforschung zu unterbleiben habe. Unabhängig davon habe der Kläger schließlich nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass die Beklagte von einer eventuellen Benachteiligungsabsicht oder überhaupt einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gewusst habe. Indizien für eine solche Kenntnis lägen bei Würdigung aller tatsächlichen Umstände nicht vor.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung und verfolgt sein Klagebegehren weiter. Zu Unrecht habe das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Vorinstanz habe rechtsfehlerhaft den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin sowie die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin hinsichtlich der angefochtenen Zahlungen verneint. Insofern habe es Vortrag des Klägers in entscheidungserheblicher Weise mehrfach nicht zur Kenntnis genommen. Es habe sich nicht mit dem Vortrag des Klägers, der die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin für den gesamten Zeitraum der streitgegenständlichen Zahlungen vom 21. Oktober 2011 bis zum 21. Mai 2013 dargelegt habe, auseinandergesetzt. Unzutreffend habe das Landgericht auch den Vortrag des Klägers, der sich auf die Vorlage einer Liquiditätsbilanz berufen habe, als unsubstantiiert erachtet und sei deshalb zu Unrecht seinen Beweisangeboten nicht nachgegangen. Zudem habe das Landgericht an keiner Stelle eine Zahlungseinstellung geprüft und begründet, warum eine Zahlungseinstellung, die der Kläger bereits ab Februar 2011 dargelegt habe, nicht vorliegen soll. Darüb...