Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbliebener Zwangsmittelantrag im EilverfahrenU

 

Leitsatz (amtlich)

nbeschadet der - obergerichtlich umstrittenen - Frage, ob nach Erwirkung einer einstweiligen Leistungsverfügung die Nichtbeantragung eines - wegen Nichterfüllung an sich erwirkbaren - Zwangsmittels nach § 888 ZPO binnen der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO vollziehungsschädlich ist, kann sich ein diesbezüglich längeres Zuwarten ohne sachlichen Grund als ein Fall dringlichschädlich-zögerlicher Betreibung des Eilverfahrens im Vollstreckungsstadium erweisen und sonach den Verfügungsgrund entfallen lassen (Fortführung von OLG Frankfurt ZLR 2010, 458; OLG Köln GRUR-RR 2010, 448; Senat Magazindienst 2010, 951).

 

Normenkette

UWG § 12 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 24.08.2010; Aktenzeichen 16 O 254/10)

 

Tenor

1. Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil der Zivilkammer 16 des LG Berlin vom 24.8.2010 - 16 O 254/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz zu tragen.

 

Gründe

A. Von der Wiedergabe eines Tatbestands wird gem. § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

B. Die Berufung der Antragsgegnerin ist als solche statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig. In der Sache ist sie jedoch unbegründet.

I. Die begehrte einstweilige Verfügung ist nicht (erneut) zu erlassen. Mit Recht hat das LG die einstweilige Verfügung vom 4.6.2010 aufgehoben und den Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen. Hierbei kann offen bleiben, ob wegen binnen Monatsfrist ausgebliebenen Zwangsgeldantrags bereits von einem Versäumnis der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO auszugehen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 3.11.2009 - I-20 U 141/09 - BeckRS 2010, 05025; OLG Hamburg GRUR 1997, 147; OLG Koblenz AfP 2009, 59; OLG Rostock OLGReport Rostock 2006, 732; a.M.: OLG Frankfurt WRP 1997, 223; OLG München OLGReport München 2002, 390). Denn im Streitfall fehlt es jedenfalls an einem (fortbestehenden) Verfügungsgrund i.S.v. §§ 935, 940 ZPO. Wegen zögerlicher Verfahrensbetreibung seitens der Antragstellerin kann nicht davon ausgegangen, dass (ihr) die Sache (weiterhin) dringlich ist.

II. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung steht es der Annahme einer Dringlichkeit entgegen, wenn der eine Untersagung begehrende Antragsteller nach Erlass der Beschlussverfügung und deren Vollziehung in Kenntnis der Fortsetzung des untersagten Verhaltens keinen Vollstreckungsantrag stellt, um das sich aus § 945 ZPO ergebende Kostenrisiko zu vermeiden (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 25.3.2010 - 6 U 219/09 - Whiskey-Cola). Ebenso beseitigt ein bald nach Erlass einer einstweiligen Verfügung von dem Gläubiger im Hinblick auf Vergleichsverhandlungen erklärtes Einverständnis, "bis zu einer Entscheidung des Verfügungsverfahrens" auf die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zu verzichten, die (lauterkeitsrechtliche) Dringlichkeitsvermutung jedenfalls dann, wenn in den nachfolgenden Monaten konkrete und mit zeitlichen Limits zur Beantwortung versehene Vorschläge zur Beilegung des Rechtsstreits nicht unterbreitet werden (OLG Köln Magazindienst 2010, 532). Ebenso verhält sich dringlichkeitsschädlich, wer nach erstinstanzlich erfolgreichem Eilverfahren zu Beginn des Berufungsrechtszugs ohne besonderen Grund erklärt, dass er bis zum Verfahrensabschluss aus der einstweiligen Verfügung nicht vollstrecken werde, und einen schon gestellten Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO wegen titelwidrig nicht erteilter Auskunft zurücknimmt (vgl. Senat Magazindienst 2010, 951).

III. Vorstehendem vergleichbar verhält es sich im Streitfall: Die Antragstellerin hat die ihr am 10.6.2010 zugestellte einstweilige Beschlussverfügung auf Auskunftserteilung zwar zeitnah der Antragsgegnerin zustellen lassen. Obwohl alsdann aber die Antragsgegnerin keinerlei Anstalten machte, ihrer Auskunftspflicht nachzukommen (vielmehr sogar mit Schriftsatz vom 28.6.2010 Widerspruch einlegte), gab die Antragstellerin ihrem Auskunftsbegehren ohne ersichtlichen Grund keinen Fortgang und bemühte sich nicht um eine Vollstreckung nach § 888 ZPO. Einen diesbezüglichen Antrag stellte sie erst mit Schriftsatz vom 23.8.2010, also über 10 Wochen nach Erhalt der einstweiligen Verfügung.

Damit hat die Antragstellerin gezeigt, dass es ihr mit dem Auskunftsbegehren nicht (jedenfalls nicht mehr) eilig war. Denn für ein solches Zuwarten ist ein sachlicher Grund weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit die Antragstellerin geltend macht, infolge des eingelegten Widerspruchs (ohne Einstellungsantrag der Gegenseite) sei vor Stellung eines Vollstreckungsantrags zunächst die Entscheidung des Gerichts abzuwarten gewesen, vermag das nicht zu überzeugen. Denn mit diesem Vorbringen misst die Antragstellerin dem Widerspruch der Gegenseite eine Suspensivwirkung bei, die diesem im Eilverfahren aber von Rechts wegen gerade nicht zukommt.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2705145

WRP 20...

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