Leitsatz (amtlich)
Zur Störhaftung des Betreibers einer Meta-Suchmaschine.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 22.02.2005; Aktenzeichen 27 O 45/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 22.2.2005 verkündete Urteil des LG Berlin - 27 O 45/05 - geändert:
Die einstweilige Verfügung vom 20.1.2005 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Gründe
I. Die als Fernsehmoderatorin tätige Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen im Internet in Anspruch. Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Domain www.a.de und betreibt unter dieser Adresse eine sog. Meta-Suchmaschine, die im Internet hinsichtlich eines bestimmten Begriffs oder einer Begriffskombination die Suchergebnisse anderer Suchdienste auswertet und dem Nutzer anzeigt.
Die Antragstellerin hat am 20.1.2005 eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung erwirkt. Diese ist nach Widerspruch der Antragsgegnerin durch Urt. v. 22.2.2005 bestätigt worden. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien erster Instanz und der Entscheidungsgründe wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
Mit der Berufung macht die Antragsgegnerin insb. geltend: Weder ihr Geschäftsführer noch ihr Verfahrensbevollmächtigter habe am 17./18.1.2005 nach Eingabe der Worte "B.E. nackt" die beanstandeten Links gefunden. Dieser Suchbegriff sei bereits am 12.7.2004 in die Sperrliste von Yahoo! aufgenommen worden. Von diesem Zeitpunkt an habe das System von Yahoo! die beanstandeten Links nicht mehr ausgeben können, weder an "a.de" noch an sonst einen Nutzer. Die vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vorgelegten Anlagen gäben nicht den Stand der Ergebnisse um den 17.1.2005 wieder. Sehr wahrscheinlich stammten die Angaben - zumindest technisch - noch aus der Zeit früherer Recherchen des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin. Bei dieser Sachlage sei sie, die Antragsgegnerin, nicht verpflichtet gewesen, auf bloßen Vorhalt eines Dritten Sperrmaßnahmen einzuleiten. Insoweit seien auch die technischen Besonderheiten einer Meta-Suchmaschine zu berücksichtigen. Da es keinerlei eigene Datenbestände gebe, tauche das Problem auf, dass der angebliche Mitstörer seine eigene Mitwirkungshandlung nur durch eine Wiederholung der beanstandeten Abfrage überprüfen könne. Hier seien diese Überprüfungen negativ verlaufen. Damit sei sie den ihr obliegenden Prüfungspflichten ausreichend nachgekommen. Die Abmahnung habe sich als inhaltlich unzutreffend dargestellt. Im Übrigen sei bereits in erster Instanz vorgetragen worden, dass eine Bearbeitung oder Unterdrückung der von den Suchmaschinen gelieferten Ergebnisse technisch nicht möglich sei. Zudem habe ihr Geschäftsführer erklärt, dass derzeit bereits die Eingabe der Begriffe "nackt" und des Vor- und Zunamens der Antragstellerin durch eine gesonderte Programmierung unmöglich gemacht worden sei. Um unabhängig vom Ausgang des Widerspruchsverfahrens dem Gebot des Gerichts nachzukommen, habe die Antragsgegnerin auf diese Weise deutlich mehr Ergebnisse vom Abruf ausgenommen, als mit der Verbotsverfügung verlangt war. Diese vorläufige Maßnahme könne aber "selbstverständlich kein Endzustand sein, um die von der Verfügungsbeklagten beanstandeten Links zu unterbinden". Außerdem sei sie, die Antragsgegnerin, nur "Mitstörerin zweiten Grades". Störer sei der Betreiber der von der Antragstellerin gerügten Website. Mitstörer "ersten Grades" sei die jeweilige Suchmaschine, hier also Yahoo!. Die Antragstellerin habe sich deshalb an Yahoo! wenden müssen. Dort seien technische Mittel vorhanden, um die Störung schnell, günstig und zuverlässig zu unterbinden. Schließlich brauche eine Meta-Suchmaschine technisch zwingend längere Zeit für eine Antwort als die jeweiligen Suchmaschinen selbst. Sofern die zurückströmenden Antworten dann auch noch von einer Software durchsucht werden müssten, würde sich diese Reaktionszeit noch einmal mehr als verdoppeln, was das Angebot für die User vollständig unattraktiv machen und damit das gesamte Geschäftsmodell der Antragsgegnerin zum Scheitern verurteilen würde.
Die Antragsgegnerin beantragt, das Urteil der Zivilkammer 27 des LG Berlin vom 22.2.2005 - 27 O 45/05 - zu ändern, die einstweilige Verfügung vom 20.1.2005 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens.
II. Die Berufung ist zulässig und begründet.
1. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin aus den vom LG genannten Gründen, auf die Bezug genommen wird, keinen Anspruch auf Unterlassung nach spezialgesetzlichen Vorschriften. Der Gesetzgeber hat die Verantwortlichkeit für den von einer Internet-Suchmaschine wiedergegebenen Inhalt im Rahmen der Novellierung des Teledienstesgesetzes in Anlehnung an die Richtlinie über den elektroni...