Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments, mit dem Eheleute ihre einzige Tochter als Vorerbin und deren Kinder als Nacherben eingesetzt haben, dahin, dass eine Vererbbarkeit des Nacherbenrechts auf den Ehegatten der Tochter nicht gewollt war.
Normenkette
BGB § 2108 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 20 O 113/99) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) wird das am 29.2.2000 verkündete Urteil des LG Berlin – 20 O/113/99 – teilweise geändert:
Die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) wird abgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges hat der Kläger zu 5/6 zu tragen, ferner vorab die Kosten seiner Säumnis. Hinsichtlich 1/6 verbleibt es bei der Kostenpflicht der Beklagten zu 3) und 4).
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger und der Beklagte zu 3) wie folgt zu tragen:
a) Die Gerichtskosten haben der Kläger zu 89 % und der Beklagte zu 3) zu 11 % zu tragen.
b) Der Beklagte zu 3) hat seine außergerichtlichen Kosten und 17 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
c) Sämtliche weiteren Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagten zu 1) und 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagten zu 1) und 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Der Wert der Beschwer beträgt 67.500 DM.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er als Erbe seiner am 27.2.1996 kinderlos verstorbenen Ehefrau Nacherbe nach dem Großvater seiner Ehefrau geworden ist.
Die Großeltern der Ehefrau des Klägers G. und E.Z. (nachfolgend Z.) errichteten am 23.12.1953 ein gemeinschaftliches Testament, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 26–27 d.A.) Darin bestimmten sie unter Nr. 4, dass nach ihrem beider Ableben ihr Grundstück W. mit allen Pflichten und Rechten in den Besitz ihrer einzigen Tochter I.G. (nachfolgend G.) übergehen sollte,
„jedoch unter der Bedingung, dass sie nur die Nutznießung aus demselben ziehen soll und nicht berechtigt ist, das selbst zu verkaufen oder es durch Aufnahme einer Hypothek zu belasten”.
Unter Nr. 5 heißt es:
„Nach dem Ableben unserer Tochter G. sollen die Kinder derselben erbberechtigt sein und das Grundstück mit Haus und Garten und lebenden Inventar mit allen Rechten und Pflichten übernehmen. Nach Abrechnung sämtlicher Lasten von der Einnahme ist der Rest der Summe in gleichen Teilen auszuzahlen. Die Auszahlung in Anteile soll jedoch nicht vor Vollendung des 21. Lebensjahres auf die Miterben erfolgen.”
Die Großmutter starb im Juli 1964, der Großvater im Juni 1968. In einer Erbscheinsverhandlung des Notars Dr. Z. vom 21.1.1969, auf deren Inhalt verwiesen wird (Bl. 5 f. d.A.), bezieht sich I.G. auf ein gemeinschaftliches Testament ihrer Eltern vom 15.4.1964, dessen Urschrift abhanden gekommen sei. Sie gibt den Inhalt dahin wieder, dass nach dem Tode des Letztversterbenden sie alleinige Vorerbin sei und zu Nacherben nach ihrem Tod ihre vier Kinder – dazu gehörte die Ehefrau des Klägers – eingesetzt seien und weiter bestimmt sei:
„Stirbt einer der Nacherben unverheiratet und ohne Hinterlassung von Abkömmlingen, so geht sein Anteil auf die anderen Nacherben über.”
Das Testament vom 23.12.1953 wurde am 22.1.1971 eröffnet. G. starb nach der Ehefrau des Klägers im August 1997.
Der Kläger hat mit der Begründung, er habe als Erbe seiner Ehefrau auch deren Anwartschaftsrecht auf die Nacherbfolge erlangt und sei mit dem Tod der Vorerbin I.G. Nacherbe geworden, beantragt, festzustellen, dass er Nacherbe nach G.Z. geworden ist. Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben vorgetragen, dass die Eheleute der als Nacherben eingesetzten Abkömmlinge von I.G. in keinem Fall hätten Nacherben werden sollen, die Erblasser hätten erreichen wollen, dass das Vermögen im Stamm bleibe, die Einsetzung der Nacherben sei hilfsweise als Einsetzung zu Ersatzerben zu werten.
Das LG hat mit Urteil vom 17.8.1999, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Hiergegen wenden sich die Beklagten zu 1.) und 2.) mit ihrer Berufung, die sie mit Schriftsatz vom 27.6.2000, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 119–126 d.A.), begründen.
Sie beantragen, das angefochtene Urteil abzuändern und hinsichtlich der Beklagten zu 1.) und 2.) die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er tritt der Berufung mit Schriftsatz vom 1.12.2000, auf den verwiesen wird (Bl. 135–138 d.A.), entgegen.
Der Beklagte zu 3) hat seine Berufung zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet. Der Kläger ist nicht Nacherbe nach Z. geworden, weil das Nacherbrecht im vorliegenden Fall nicht auf den Ehegatten vererbbar war.
Das LG hat seiner Entscheidung zu Recht das Testament vom 23.12.1953 zugrundegelegt. Die Parteien haben übereinstimmend das Testament vom 15.4.1964 als unwirksam erachtet.
Nach dem gemeinschaftlichen Testa...