Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 4 O 307/16) |
Tenor
1. Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 28.03.2018, 4 O 307/16, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 02.05.2018, wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin vom 11.10.2017, 4 O 307/16, wird aufrechterhalten.
2. Der Kläger hat auch die weiteren, nach Erlass des Versäumnisurteils vom 11.10.2017 entstandenen Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz zu tragen. Er hat ferner die Kosten des Rechtsstreits der zweiten Instanz zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung aus diesem Urteil sowie aus dem Versäumnisurteil vom 11.10.2017 abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus beiden Urteilen vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe
Die Parteien streiten auch in zweiter Instanz über die Rückabwicklung eines am 1./4.7.2003 geschlossen Darlehens, in Bezug auf das die Parteien im Jahre 2006 eine Entlassung einer zweiten Mitdarlehensnehmerin aus ihrer Haftung gegenüber der Beklagten vereinbarten, in Bezug auf das die Parteien sodann im Jahre 2013 eine Prolongation vereinbarten und in Bezug auf das der Kläger schließlich am 12.1.2016 den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehens gerichteten Willenserklärung erklärte. Dabei wendete die Beklagte u.a. die Verwirkung des Widerrufsrechts ein. Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage zunächst mit Versäumnisurteil vom 11.10.2017 abgewiesen. Dieses Urteil hat es später mit Urteil vom 28.3.2018 aufgehoben und der Klage in ihrem zuletzt gestellten Umfang stattgegeben. Zur Begründung führt das Landgericht u.a. aus, das Widerrufsrecht sei nicht verwirkt. Das Urteil vom 28.3.2018 ist der Beklagten am 4.4.2018 zugestellt worden. Die Beklagte hat hiergegen am 4.5.2018 Berufung bei Gericht eingereicht. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4.7.2018 hat die Beklagte an diesem Tag ihre Berufungsbegründungsschrift beim Kammergericht eingereicht.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 28.3.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin, Geschäftszeichen 4 O 307/16, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 2.5.2018, die Klage abzuweisen,
und hilfsweise,
unter Abänderung des am 28.3.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin, Geschäftszeichen 4 O 307/16, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 2.5.2018, das am 11.10.2017 verkündete Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin,
Geschäftszeichen 4 O 307/16, aufrechtzuerhalten.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In zweiter Instanz haben die Parteien ihre Rechtsstandpunkte, insbesondere zur Frage der Verwirkung, vertieft.
II. 1. Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere statthaft und wurde form- und fristgerecht eingereicht sowie begründet (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO).
2. Die Berufung ist auch begründet.
Denn die Klage hätte vom Landgericht abgewiesen werden müssen, weil das etwaige Widerrufsrecht des Klägers zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung gemäß § 242 BGB jedenfalls verwirkt war. Letzteres ergibt sich aus folgenden Überlegungen (vgl. hierzu schon Senat, Urt. v. 13.2.2019, 26 U 188/17, Rdnr. 2 ff. zit. nach Juris):
a) Zu den Rechtsgrundsätzen, die bei der Prüfung der Verwirkung in Darlehenswiderrufssachen anzuwenden sind, hat der Bundesgerichtshofes ausgeführt (BGH, Beschl. v. 23.01.2018, XI ZR 298/17, Rdnr. 8 ff. zit. nach Juris; inhaltlich bestätigt in BGH, Urt. v. 16.10.2018, XI ZR 69/18, Rdnr. 12 ff. zit. nach Juris):
"aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung hinlänglich geklärt.
Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles, ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann. Die B...