Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung für eingeschränkten Gaststättenbetrieb aufgrund behördlicher Auflagen
Leitsatz (amtlich)
Kann ein Bistro aufgrund behördlicher Auflagen in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr nicht betrieben werden, ist eine Minderung des Mietzinses um 50 % angemessen.
Normenkette
BGB § 537 a.F., § 536 n.F.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 34 O 637/99) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.1.2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des LG Berlin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich der Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrages von 1.211,64 DM in der Hauptsache erledigt hat.
Auf die im Berufungsrechtszug erweiterte Klage wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 5.817,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1.1.2000 zu zahlen.
In Höhe eines Teilbetrages von 580 DM nebst anteiliger Zinsen hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000 DM nicht.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. § 535 S. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Mietzinses i.H.v. 1.450 DM für die Monate Dezember 1998 bis Juni 1999 und i.H.v. 935,39 DM für die Zeit vom 1. bis zum 20.7., sowie i.H.v. 1.028,94 DM für die Zeit vom 21.7. bis Ende Juli 1999.
Weder hat die Beklagte wirksam gem. § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten, noch hat sie den Vertrag mit der Klägerin wirksam gem. § 542 BGB fristlos gekündigt.
Der Wirksamkeit der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung steht in jedem Fall entgegen, dass zum Zeitpunkt der Anfechtung, nämlich am 3.8.1999, eine Interessensbeeinträchtigung gar nicht mehr vorlag. In einem solchen Fall ist die Anfechtung nämlich ausgeschlossen (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 123, Rz. 25). Spätestens am 21.7. war die Schallschutzdecke nach DIN 4109, die das Bezirksamt Kreuzberg für die Erteilung der Erlaubnis zum Betreiben der Gaststätte zur Voraussetzung gemacht hat, vorhanden. Das Bezirksamt Kreuzberg hat der Beklagten mit Schreiben vom 8.6.1999 mitgeteilt, dass der Erteilung der Erlaubnis nichts mehr im Wege stünde, sobald der Mindestschallschutz gem. DIN 4109 nachgewiesen werden würde.
Ob tatsächlich, wie von der Beklagten behauptet, die Klägerin bei Abschluss des Untermietvertrages arglistig verschwiegen habe, dass die Erlaubnis des vorherigen Gaststättenbetreibers bereits mit Bescheid vom 7.10.1997 widerrufen worden ist, kann daher dahingestellt bleiben.
Der Vertrag ist auch nicht wirksam aufgrund der von der Beklagten mit Schreiben vom 3.8.1999 erklärten fristlosen Kündigung beendet worden, denn eine solche Kündigung ist nur zulässig, wenn der Vermieter eine ihm von dem Mieter bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu schaffen. Die Beklagte hat der Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine Frist zur Herstellung des für die Erteilung der Erlaubnis zum Betreiben der Gaststätte erforderlichen Schallschutzes gestellt. Darüber hinaus lagen zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung auch nicht mehr vor, weil mittlerweile der für die Erteilung der Genehmigung erforderliche Schallschutz eingebaut worden war.
Das LG hat die Minderung des Mietzinses für die Zeit von Dezember 1998 bis 20.7.1999 zutreffend mit 50 % bemessen. Der Senat schließt sich den insoweit überzeugenden Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung an. Die Beklagte vermochte auch in der Berufungsinstanz nicht darzulegen, dass der Umstand, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis zum Betreiben der Gaststätte auch nach 22 Uhr vor dem 21.7.1999 nicht vorlagen, eine Gebrauchsbeeinträchtigung darstellt, die mit einer Minderung um mehr als 50 % zu berücksichtigen ist. Das Bezirksamt Kreuzberg hat der Beklagten stets unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass dem Betrieb der Gaststätte ohne Schallschutz bis 22 Uhr nichts entgegenstünde. Bereits mit Schreiben vom 11.1.1999 hat das Bezirksamt Kreuzberg erklärt, dass für den Betrieb nach 22 Uhr die Mindestanforderungen des Schallschutzes gem. DIN 4109 einzuhalten seien. In allen weiteren Schreiben hat es ausdrücklich das Angebot der Erteilung einer Erlaubnis ohne Schallschutz bei Einhaltung einer Sperrzeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr aufrechterhalten. Auf dieses Angebot ist die Beklagte nicht eingegangen, obgleich sie mit Schreiben vom 10.2.1999 – angeblich aus taktischen Gründen – selbst noch vorgegeben hat, keinen Nachtbetrieb durchführen zu wollen. Später hat sie, wie dem Schreiben des Bezirksamtes Kreuzberg vom 17.7.1999 zu entnehmen ist, erklärt, dass sie die Gaststätte bis 2.00 Uhr betreiben wolle.
Dies bedeutet, dass die Beklagte in der Zeit bis zum 20.7. lediglich in der Zeit von 22 Uhr bis 2.00 Uhr, also 4 Stunden täglich, gehindert war, die angemietete Gaststätte zu betreiben. Soweit die Beklagte glauben machen will, in Kreuzberg würden Schankwirtschaften, Cafes...