Entscheidungsstichwort (Thema)
Obhutspflichten des Mieters hinsichtlich der Aufbewahrung von Schlüsseln
Leitsatz (amtlich)
Zu den Obhutspflichten des Mieters hinsichtlich der Aufbewahrung von Schlüsseln (hier: Aufbewahrung unter dem Sitz eines Kfz in einer Notebooktasche).
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 17.07.2007; Aktenzeichen 29 O 83/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das Urteil des LG Berlin vom 17.7.2007 - 29 O 83/07 teilweise geändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.420,20 Euro nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.2.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin 10 % und die Beklagte 90 % zu tragen. Die Kosten der zweiten Instanz hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen. Denn ausweislich der Ziff. 4. des hiesigen Tenors wurde die Revision gem. §§ 542 ff. ZPO nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO ist gem. § 26 Nr. 8 EGZPO wegen Fehlens der notwendigen Beschwer von über 20.000 EUR nicht gegeben.
II.1. Die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des LG ist überwiegend begründet.
A. Kosten der Schließanlage nebst neuer Schlüssel:
Die Klägerin ist gem. §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. dem am 23./25.1.2006 abgeschlossenen Gewerbemietvertrag berechtigt, von der Beklagten Schadensersatz in dem aus dem Tenor zu Ziff. 1. ersichtlichen Umfang zu verlangen. Die Beklagte hat eine Nebenleistungspflicht aus dem Mietvertrag schuldhaft verletzt, indem ihr Mitarbeiter, der vom LG vernommene Zeuge J.G., am 29.3.2006 die Schlüssel zu den Mieträumen in seinem Dienstfahrzeug, und zwar in einer unter dem Fahrersitz verstauten Notebooktasche, liegen ließ, während er sich aus dem Sichtbereich des Pkw entfernte mit der Folge, dass die Schlüssel nachfolgend durch einen unbekannten Täter (oder mehrere), der eine der Fahrzeugscheiben einschlug/aufstemmte, gestohlen werden konnten. Dadurch wurde das Eigentum der Klägerin beschädigt:
a) Anspruchsgrundlage für den Schadensersatz ist § 280 Abs. 1 BGB, weil mit dem Diebstahl der Schlüssel der Schaden in Form der nachteiligen Abweichung vom bisherigen Ist-Zustand - Vorhandensein der Schlüssel zum Betreten der Mietsache - endgültig eingetreten ist. Demgegenüber geht es nicht um eine Fallgestaltung i.S.v. § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB, da die Klägerin gegen die Beklagte derzeit mangels Beendigung des Mietvertrages keinen Anspruch auf Herausgabe der Schlüssel, also auf Leistung anstatt Schadensersatz, hat (vgl. zur Abgrenzung auch KG in NJW 2005, 3150 f. = GE 2005, 917).
b) Ein Mieter hat eine nebenvertragliche Obhutspflicht (vgl. BGH in NJW-RR 1995, 123 ff. = ZMR 1995, 577 ff.), was bedeutet, dass er die gemietete Sache schonend und pfleglich zu behandeln hat. Er hat alles zu unterlassen, was zu einem Schaden an der Mietsache führen kann einschließlich der Einrichtungen, die er im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauches mitbenutzt (vgl. OLG Dresden in NJW-RR 2007, 1603 f. = ZMR 2007, 691 f.; Kinne/Schach/Bieber-Schach, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl. 2008, § 535 BGB Rz. 72; Wolf/Eckert/Ball-Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet- und Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl. 2004, Rz. 549).
Dabei hat ein Mieter im Falle des Verstoßes gegen diese Pflicht aus positiver Verletzung des Vertrages gem. § 280 Abs. 1 BGB nicht nur für eigenes Fehlverhalten einzustehen, sondern ebenfalls für das dasjenige seiner Hilfspersonen, die für ihn nach den tatsächlichen Verhältnissen als Erfüllungsgehilfen gem. § 278 Satz 1 BGB tätig sind. Denn ein Erfüllungsgehilfe kann auch bei der Erfüllung einer Obhuts- und Sorgfaltspflicht mitwirken, sofern ihm durch den Mieter in Bezug auf die Mietsache irgendeine Funktion übertragen wurde (vgl. OLG Dresden in NJW-RR 2007, 1603 f. = ZMR 2007, 691 f.; OLG Bamberg in OLG Report 1998, 213 f.). Arbeitnehmer sind - entgegen der Ansicht der Beklagten - Erfüllungsgehilfen des Mieters, wenn sie mit Wissen und Wollen im Pflichtenkreis des Mieters tätig werden (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl., § 535 BGB Rz. 258; Wolf/Eckert/Ball-Eckert, a.a.O., Rz. 551).
Zu den Obhutspflichten des Mieters gehört es, die Schlüssel zur Mietsache sorgsam aufzubewahren und darauf zu achten, dass sie nicht in Verlust geraten (vgl. LG Hamburg in NJW-RR 1999, 663 = WuM 1999, 327 f.; Landvoigt in GE 2007, 1301 ff., 1303). Das Hinterlassen der Schlüssel im Inneren eines auf öffentlich zugänglichen Straßen/Plätzen abgestellten Fahrzeuges stellt einen Verstoß gegen diese mietvertragliche Obhutspflicht dar, weil die Lebenserfahrung und der hiesige Fall zeigen, dass Diebe jede sich bietende Gelegenheit - un...