Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Herabsetzung und /oder Befristung des Unterhaltsanspruchs
Leitsatz (redaktionell)
Im Hinblick darauf, dass § 1578b BGB als Ausnahmetatbestand von einer unbefristeten Unterhaltspflicht konzipiert ist, trägt der Unterhaltsverpflichtete die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen könnne.
Anderes gilt dann, wenn der Unterhaltspflichtige Tatsachen vorgetragen hat, die einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahelegen. In diesem Fall obliegt es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere „Schonfrist” für die Umstellung auf einen Lebensstandard nach den eigenen Einkünften sprechen.
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 5 a.F., § 1578 Abs. 1 S. 2 2. Hs. a.F., S. 3 a.F., § 1578b
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 27.03.2007; Aktenzeichen 20 F 119/05) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 27.3.2007 verkündete Urteil des AG Schöneberg im Ausspruch zu Nr. 4 hinsichtlich des Ehegattenunterhalts für die Zeit ab 1.1.2012 geändert:
Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin eine monatliche Unterhaltsrente von 500 EUR zu zahlen.
Der weitergehende Unterhaltsantrag der Antragstellerin wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Antragsgegners und die Anschlussberufung der Antragstellerin werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem am 27.3.2007 verkündeten Urteil des AG Tempelhof-Kreuzberg mit den nachfolgenden Ergänzungen und Änderungen verwiesen.
Die am 24.2.1963 geborene Antragstellerin ist ausgebildete Gymnasiallehrerin, war nach Beendigung der Ausbildung und vor der Trennung der Parteien jedoch nicht in diesem Beruf tätig. Sie arbeitete zum Zeitpunk der Eheschließung als Texterin in der Werbebranche. Unrichtig ist die Feststellung des AG, die Antragstellerin habe von Mitte 1995 bis Mitte 2000 als Cheftexterin 5.000 EUR mtl. verdient. Bei ihrer Festanstellung als Cheftexterin bei der Werbeagentur S., ... und ... GmbH verdiente die Antragstellerin zuletzt, wie aus der im Berufungsverfahren vorgelegten Gehaltsbescheinigung für April 2000 hervorgeht, 7.100 DM brutto (umgerechnet EUR 3.630), was netto - ohne Abzug von Krankenversicherung - 4.974,38 DM ergab. Diese Tätigkeit gab die Antragstellerin wegen des Umzuges der Familie nach Brüssel auf. Ab 1.10.2005 hat die Antragstellerin als Lehrerin mit einem Deputat von 80 % in der Urspringschule, einem Internat in ..., in dem Jugendliche im Rahmen von Jugendhilfe untergebracht werden, gearbeitet. Sie wohnte dort mit dem gemeinsamen Sohn der Parteien in einer Wohnung auf der gleichen Etage, auf der sich die Zimmer von Jungen im Alter von 16-20 Jahren befinden, denen sie nötigenfalls auch abends und an Wochenenden als Ansprechpartner zur Verfügung stehen musste. Ihr Bruttogehalt dort betrug 3.200 EUR mtl. Seit dem 23.8.2007 ist sie in einem privaten evangelischen Gymnasium in Potsdam tätig, in Teilzeit zu 73 %. Zu Beginn dieser Anstellung belief sich das Gehalt auf brutto 2.370,97 EUR, netto 1.489,85 EUR. Nach der vorgelegten Gehaltsbescheinigung für Februar 2008 beträgt das Bruttogehalt inzwischen 2.526,95 EUR, was netto 1.591,92 EUR ergibt.
Der am 2.4.1957 geborene Antragsgegner war seit 1987 freiberuflich als Konferenzdolmetscher für das Europäische Parlament in Straßburg und Brüssel tätig. Die Parteien hatten ihren Wohnsitz nach der Eheschließung in ... bei München. Neben seiner Berufstätigkeit studierte der Antragsgegner während der Ehe Jura, das Studium schloss er im Jahre 1997 ab. Im Frühjahr 2000 erhielt er beim Europäischen Parlaments eine Stelle als Beamter im Bereich des Sprachendienstes, woraufhin die Familie Mitte 2000 nach Brüssel zog. Zum 15.9.2007 erreichte der Antragsgegner dort eine Versetzung in das so genannte "Tabling Office".
Der Antragsgegner wendet sich mit der Berufung dagegen, dass er über den 31.12.2009 hinaus zur Zahlung von Unterhalt an die Antragstellerin verurteilt worden ist. Das hält er für unbillig.
Er macht geltend, die Antragstellerin habe keine ehebedingten wirtschaftlichen Nachteile erlitten. Die Feststellung des AG, sie habe von 1995 bis Mitte 2000 als Cheftexterin 5.000 EUR verdient, sei falsch. Das von der Antragstellerin im Berufungsverfahren belegte Bruttogehalt für April 2000 von 7.100 DM könne sie in dem nun von ihr ausgeübten erlernten Beruf als Lehrerin bei einer Vollzeitbeschäftigung, die ihr spätestens ab Dezember 2008 obliege, erzielen. Ausgehend von dem mit einer Beschäftigung zu 80 % in der Urspringschule erzielten Bruttogehalt von 3.200 EUR stelle sich ihre Einkommenssituation,...