Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Offenbarungspflichten des Verkäufers eines gebrauchten Kfz
Normenkette
BGB § 463 a.F.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 13.02.2002; Aktenzeichen 28 O 107/01) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 13.2.2002 verkündete Urteil des LG Berlin – 28 O 107/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung des Beklagten ist erfolglos, denn das Urteil des LG ist i.E. richtig. Das Berufungsvorbringen des Beklagten gibt keine Veranlassung, die Sache anders zu entscheiden.
I. Der Kläger kann Rückabwicklung des Autokaufvertrages jedenfalls im Wege des so genannten großen Schadensersatzes nach § 463 BGB a.F. verlangen, denn der Beklagte hat ihm bei Abschluss des Vertrages am 12.4.2000 arglistig einen Vorschaden am Mitsubishi Eclipse verschwiegen.
1. Nach § 463 S. 1 BGB a.F. kann ein Käufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der verkauften Sache zur Zeit des Kaufes eine zugesicherte Eigenschaft fehlt. Das Gleiche gilt, wenn der Verkäufer einen Fehler arglistig verschweigt. Die Reichweite der Offenbarungspflichten eines Autoverkäufers über Vorschäden des veräußerten Fahrzeuges hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, insb. auch davon, wonach der Kaufinteressent fragt (vgl. die Übersicht bei Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl. 2000, Rz. 1883 m.w.N.).
Wenn allerdings der Verkäufer eines gebrauchten Kfz einen Vorschaden offenbart, ist er verpflichtet, den Käufer auch ungefragt vollständig und richtig über alle Umstände der Unfallbeschädigung zu informieren, die für dessen Kaufentschluss bedeutsam sein könnten (vgl. OLG Düsseldorf ,NZV 1999, 423).
Der nach Wahl des Käufers bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft geschuldete so genannte große Schadensersatz umfasst einen Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Rückgabe der Kaufsache (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl. 2002, § 463, Rz. 19 m.w.N.).
2. Nach Maßgabe dieser Regeln hat der Beklagte den Kläger hier bei Kaufvertragsabschluss pflichtwidrig über den ihm bekannten Umfang des Vorschadens am Mitsubishi nicht aufgeklärt und ihn so arglistig getäuscht. Folglich hat er sich im begehrten Umfang schadensersatzpflichtig gemacht.
a) Der Wagen hat bei dem Unfall am 4.12.1999 nicht nur einen Frontschaden erlitten, sondern ist auch an der Seitenwand hinten rechts beschädigt worden. Dies ist ebenso unstr. wie der Umstand, dass der Beklagte hiervon wusste; er selbst beruft sich darauf, er habe die Schäden bei der Autowerkstatt J.G. umfassend reparieren lassen.
Auf diesen Schaden hätte der Beklagte den Kläger im Rahmen des Verkaufsgespräches hinweisen müssen, denn es handelt sich bei einem derartigen Vorschaden um einen wertbestimmenden Faktor, der für die Kaufentscheidung von Bedeutung sein kann. Dies gilt auch dann, wenn der Vorschaden beseitigt worden ist.
Erfolglos beruft sich der Beklagte deswegen darauf, der Schaden sei ordnungsgemäß beseitigt worden; im DEKRA-Gutachten vom 20.10.2000 werde hierzu nichts beanstandet. Dies beseitigt nicht das berechtigte Interesse des Kaufinteressenten, selbst prüfen und entscheiden zu können, ob er bereit ist, den Schaden und die Art seiner Beseitigung hinzunehmen. Ebenso wenig ist der Beklagte seiner Aufklärungspflicht nachgekommen, indem er dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt hat, das Auto selbst in einer Werkstatt zu untersuchen oder untersuchen zu lassen. Der Verkäufer hat den Kunden aktiv über seine Kenntnis aufzuklären; dem wird er durch die Einräumung einer Chance, einen reparierten Mangel selbst zu entdecken, nicht gerecht.
Schließlich führt die Behauptung des Beklagten, entscheidend für den Kläger seien nur die Konditionen gewesen, nicht zu einem anderen Ergebnis. Zu den Konditionen gehört auch der Zustand des Fahrzeuges aufgrund seiner „Unfallgeschichte”. Ein möglicherweise niedriger Preis entbindet den Verkäufer nicht davon, seine Kenntnis über konkrete Schäden weiterzugeben.
b) Der Schadensersatzanspruch ist auch nicht nach § 476 BGB a.F. durch vertragliche Vereinbarungen ausgeschlossen, denn ein Gewährleistungsanspruch ist nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt. Verjährung ist gleichfalls nicht eingetreten, denn auch die kurze Verjährung (sechs Monate ab Ablieferung) gilt nach § 477 Abs. 1 BGB a.F. bei arglistigem Verschweigen eines Mangels nicht.
c) Der Feststellungsanspruch ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils (dort S. 12 f.) begründet.
Die übrigen Erwägungen des LG zur Begründung der Klageforderung unter dem Gesichtspunkt einer Wandlung können auf sich beruhen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
Dr. Wimmer
Fundstellen
Haufe-Index 1103140 |
MDR 2004, 275 |
KG-... |