Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatz von Besuchskosten naher Angehöriger
Leitsatz (redaktionell)
Kosten von Besuchen naher Angehöriger bei stationären Krankenhausaufenthalten des Verletzten sind den nach § 823 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Heilungskosten zuzuordnen und zu ersetzen, wenn die Besuche medizinisch notwendig und die Aufwendungen unvermeidbar sind.
Normenkette
StVG § 7; BGB § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 14.03.2006; Aktenzeichen 24 O 589/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.3.2006 verkündete Urteil des LG Berlin - 24 O 589/04 - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 32.426,83 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 8.12.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Beklagten 46 % zu tragen, die Klägerin 54 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben mit Ausnahme der auf die Beweisaufnahme entfallenden Kosten, von denen die Beklagten 92 % zu tragen haben, die Klägerin 8 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Tatsächliche Feststellungen
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 10.8.1999 geltend, der sich in der Kastanienallee in 10435 Berlin ereignet hat und bei dem sie schwere Gehirnschädigungen erlitten hat. Sie befindet sich infolge des Unfalls in einem dem äußeren Erscheinungsbild nach einem Wachkoma vergleichbaren Zustand. Nach Behandlung in einer REHA-Einrichtung ist die Klägerin seit dem 28.2.2000 in einem Pflegeheim mit einer Spezialstation für Wachkomapatienten untergebracht.
In dem zwischen den Parteien geführten Vorprozess (24 O 119/00 LG Berlin bzw. 22 U 366/02 KG) hat das LG Berlin durch mittlerweile rechtskräftiges Urteil vom 11.11.2002 die Ersatzpflicht der Beklagten für die der Klägerin infolge des Verkehrsunfalls entstandenen Schäden festgestellt. Dabei heißt es zu Ziff. 2. der Urteilsformel wie folgt:
"Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 10.8.1999 auf der Kastanienallee in 10435 Berlin zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden, bzw. übergeleitet sind, bzw. übergeleitet werden, hierzu zählen namentlich die Kosten einer Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung."
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um verschiedene einzelne Schadenspositionen. Wegen des Sach- und Streitstandes, der Anträge und der Begründung der Entscheidung erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, mit dem das LG die Klage abgewiesen hat.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin folgende Schadenspositionen weiter:
1. Einen von den Beklagten nicht bezahlten Teil der Heimunterbringungskosten, den die Beklagten als ersparte Eigenaufwendungen für Wohnung, Ernährung, Kleidung etc. in Abzug gebracht haben und zwar für die Zeit vom 28.2.2000 bis 31.8.2004 i.H.v. insgesamt 24.750 EUR (55 Monate à 450 EUR):
Die Klägerin macht insoweit geltend, das LG habe die ersparten Aufwendungen zu Unrecht als im Wege der Vorteilsausgleichung anrechenbar berücksichtigt. Das ergebe sich bereits daraus, dass durch das Urteil des LG im Vorprozess rechtskräftig festgestellt sei, dass die Kosten für die Unterbringung im Pflegeheim in vollem Umfang von den Beklagten zu ersetzen seien. Den Umfang der Rechtskraftwirkung des Urteils im Vorprozess habe das LG hier fehlerhaft nicht berücksichtigt.
Außerdem komme eine Anrechnung im Wege der Vorteilsausgleichung hier auch deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin infolge des Unfalls lebenslang hohe und nicht gedeckte Pflegekosten habe, wie z.B. Kosten für Windeln, Zuzahlungen für Medikamente, Kosten für regelmäßige Rasur, regelmäßige Maniküre und Pediküre, Kosten für nicht durch die Krankenversicherung bezahlte Nahrungsergänzungsmittel, erhöhte Urlaubskosten für behindertengerechtes Reisen in Begleitung. Die Klägerin meint, eine Vorteilsanrechnung komme nur in Betracht, wenn sie aus der Sicht des Geschädigten zumutbar sei, dem Zweck des Schadensersatzes entspreche und den Schädiger nicht unbillig entlaste. Diese Voraussetzungen seien unter den Umständen des vorliegenden Falles jedoch nicht erfüllt.
Aufwendungen für Wohnen habe die Klägerin im Übrigen in dem hier in Frage stehenden Zeitraum auch deshalb nicht erspart, weil sie ihre Wohnung ihrem Sohn, dem sie bis zum Ende von dessen Lehrzeit im Februar 2005 zum Unterhalt verpflichtet gewesen sei, als Naturalunterhalt zur Verfügung gestellt habe.
Im Übrigen sei der von den Beklagten...