Leitsatz (amtlich)

"Der Grundpfandrechtsgläubiger wird gem. § 1123 Abs. 2 S. 1 BGB erst dann Inhaber der Forderung, wenn zu seinen Gunsten die Beschlagnahme erfolgt ist. Der Grundpfandrechtsgläubiger kann sich danach nur dann aus der Miete befriedigen, wenn er die Zwangsvollstreckung betreibt (§ 1147 BGB). Solange dies nicht der Fall ist, steht die Mietzinsforderung allen anderen Gläubigern als Vollstreckungsobjekt zur Verfügung (arg. § 1124 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Grundpfandrechtsgläubiger kann auch nach der gesetzlichen Regelung der §§ 1123, 1124 BGB nicht besser stehen als der Gläubiger, dem durch Vorausabtretung eine zukünftige Forderung übertragen worden ist. Nur wenn die zukünftige Forderung krisenfest erworben worden ist, scheidet eine Anfechtung aus. Bei zukünftigen Forderungen ist dabei stets auf den Zeitpunkt der Entstehung abzustellen."

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 15.07.2003; Aktenzeichen 9 O 508/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.7.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des LG Berlin - 9 O 508/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 15.7.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des LG Berlin - 9 O 508/02 - Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 5.9.2003 zugestellte Urteil hat sie am 30.9.2003 Berufung eingelegt und diese am 3.12.2003 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 5.12.2003 verlängert worden war. Sie trägt vor, die Mietansprüche seien von der Globalzession vom 6.5.1994 erfasst, die weder sittenwidrig noch anfechtbar gewesen und auch nicht angefochten worden sei. Es fehle an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung, weil die zukünftigen Mietzinsen wegen der gesetzlichen Haftung aus §§ 1147, 1192 Abs. 1, 1123 BGB ohnehin schon nach dem Gesetz ausnahmslos der Beklagten zustanden. Die Beklagte habe nur erhalten, was ihr materiell-rechtlich ohnehin zugestanden habe. Deshalb könne auch kein Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin vorgelegen haben. Die (unterlassene) Offenlegung der Sicherungsabtretung könne keine Auswirkungen auf die Beurteilung einer Gläubigerbenachteiligung haben. Der Kläger müsse die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin beweisen; es sei nicht Aufgabe der Beklagten, darzutun, dass sich die Liquidität nach dem Zeitpunkt der Sicherungsabtretung gebessert habe. Die Insolvenzanfechtung sei auch wegen der mittlerweile angezeigten Masseunzulänglichkeit ausgeschlossen.

Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt er das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückgewähr von 1.011.283,65 Euro (= 1.977.896,95 DM) gem. §§ 143 Abs. 1, 129, 133 Abs. 1 InsO. Die Anweisung der Schuldnerin an die Mieter, die Miete auf das bei der Beklagten geführte Konto zu überweisen, stellt eine nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung dar, durch welche die übrigen Gläubiger objektiv benachteiligt wurden. Die Schuldnerin handelte dabei mit Benachteiligungsvorsatz, von dem die Beklagte Kenntnis hatte.

a) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt dann vor, wenn für den anfechtenden Gläubiger durch das Verhalten des Schuldners die Möglichkeit verkürzt worden ist, sich wegen seines ihm gegen diesen zustehenden Rechtes zu befriedigen (BGHZ 12, 238 [239]; BGHZ 78, 328 [338], m.w.N.). Das ist hier der Fall. Daran ändert auch die Zugehörigkeit der Mieten zum Haftungsverband der §§ 1123 f., 1192 BGB nichts. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Grundschulden sich auch auf die Mietzahlungen beziehen, denn hier greift § 1124 BGB ein, der eine Vorausverfügung über die Mieten zum Nachteil des Hypothekengläubigers zulässt. Die Miete ist nicht von der Beklagten, sondern von der Schuldnerin eingezogen worden und damit aus dem Haftungsverbund ausgeschieden.

Unstreitig ist die Abtretung nicht aufgedeckt worden. Den Mietern ist nur das Konto der Schuldnerin bei der Beklagten mitgeteilt worden. Folglich haben die Mieter weiterhin an die Schuldnerin gezahlt und sind von ihrer Schuld gem. § 407 BGB auch ggü. der Beklagten befreit worden. Damit ist das Sicherungsrecht aus § 1123 BGB aus dem Haftungsverbund ausgeschieden und kann zu Begründung der Forderung nicht mehr herangezogen werden (BGH v. 18.1.2001 - IX ZR ...

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