Leitsatz (amtlich)
§ 315 Abs. 3 BGB ist auf die Vertragsverhältnisse zwischen den Berliner Wasserbetriebe und ihren Kunden anwendbar, da auch nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe v. 17.5.1999 (TeilPrivG mit Wirkung zum 1.1.2000 in Kraft) eine einseitige Leistungsbestimmung durch die Berliner Wasserbetriebe erfolgt.
Die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit ihrer Tarife liegt zwar bei der Klägerin. Wenn die Klägerin ihrer Darlegungs- und Beweislast aber entsprochen hat, genügt es nicht, dass der Beklagte die Billigkeit der Tarife schlicht bestreitet. Der Beklagte muss sich vielmehr substantiiert zu den Tatsachen erklären, die seinen Bereich betreffen.
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 25.5.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des LG Berlin - 9 O 253/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
B. Die materielle Rechtslage richtet sich nach den Vorschriften des BGB in der vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts geltenden Fassung, denn das den Rechtsbeziehungen der Parteien zu Grunde liegende Schuldverhältnis ist vor dem 1.1.2002 entstanden (Art. 229 § 5 EGBGB). Die zitierten Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beziehen sich daher auf diese Fassung des Gesetzes.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Bezahlung von restlichen 2.941,08 Euro für Be- und Entwässerungsleistungen, die sie für ihn in der Zeit v. 9.2.2001 bis zum 11.2.2002 erbracht hat.
1. Der Billigkeitseinwand ist im Entgeltprozess der Klägerin gegen den Verbraucher nicht durch § 30 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) bzw. § 30 der Vertragsbestimmungen für die Wasserversorgung in Berlin (VBW) und § 19 der Allgemeinen Bedingungen für die Entwässerung in Berlin (ABE) ausgeschlossen.
Nach § 30 AVBWasserV und § 19 ABE berechtigen Einwände "gegen Rechnungen und Abschlagsrechnungen" nur dann zur Zahlungsverweigerung, wenn ein offensichtlicher Fehler vorliegt. Dazu gehört nicht die Feststellung der Leistungspflicht des Kunden, der im Fall der Unangemessenheit des verlangten Preises von Anfang an nur den vom Gericht festgesetzten Preis schuldet; denn dabei handelt es sich nicht um Rechen- und Ablesefehler oder andere Abrechnungsgrundlagen (BGH v. 30.4.2003 - VIII ZR 279/02, BGHReport 2003, 914 = NJW 2003, 3131). Die in der zitierten Entscheidung vertretene Ansicht des BGH wird dadurch gestützt, dass § 315 Abs. 3 BGB auch nicht durch allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) ausgeschlossen werden kann, weil darin eine unangemessene Benachteiligung des Kunden liegen würde, § 9 AGBG, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rz. 3). Diese Beschränkung gilt gem. § 310 Abs. 2 BGB auch für Wasserversorgungsunternehmen.
Die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Ansicht des LG, die maßgeblich auch darauf gestützt wird, dass sich die Kunden ihrer Zahlungspflicht nachhaltig durch den Billigkeitseinwand entziehen könnten, weil in jedem Fall in eine aufwendige Beweisaufnahme eingetreten werden müsste, überzeugt jedenfalls nach dem In-Kraft-Treten der ZPO in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung nicht mehr. Nunmehr könnte ein ggf. in einem Rechtsstreit einzuholendes Sachverständigengutachten gem. § 411a ZPO in allen anderen Verfahren, in denen die Klägerin für den betreffenden Zeitraum Be- und Entwässerungsentgelte geltend macht, Verwendung finden. Dass die Geltendmachung der Entgelte wesentlich länger in Anspruch nehmen würde, als es der Fall wäre, wenn die Kunden auf Rückforderungsprozesse zu verweisen wären, ist danach nicht mehr zu befürchten.
2. § 315 Abs. 3 BGB ist auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien anwendbar, da auch nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe v. 17.5.1999 (TeilPrivG) mit Wirkung zum 1.1.2000 in Kraft eine einseitige Leistungsbestimmung durch die Klägerin erfolgt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist die richterliche Billigkeitskontrolle einseitig vorgenommener Entgeltbestimmungen von Unternehmen, die Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, grundsätzlich nicht schon dann ausgeschlossen, wenn bei der Festsetzung der Tarife und Entgelte öffentlich-rechtliche Vorgaben, zu denen auch behördliche Genehmigungsvorbehalte gehören, zu beachten sind (BGH v. 2.7.1998 - III ZR 287/97, MDR 1998, 1210 = CR 1998, 664 = NJW 1998, 3188, m.w.N.). Vielmehr trifft denjenigen, der die Entgelte einseitig festgesetzt hat, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht (BGH v. 10.10.1991 - III ZR 100/90, BGHZ 115, 311 [322] = MDR 1992, 84, m.w.N.).
Das gilt insb. dan...