Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzung des Krankheitsunterhalts
Normenkette
BGB § 1578b; ZPO § 36
Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Urteil vom 13.01.2009; Aktenzeichen 22 F 5494/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird - unter deren Zurückweisung im Übrigen - das am 13.1.2009 verkündete Urt. des AG Pankow/Weißensee (Familiengericht) - 22 F 5494/07 - geändert:
Unter Änderung des vor dem AG Pankow/Weißensee - Familiengericht - am 19.7.2000 zum Geschäftszeichen 22 F 2538/99 geschlossenen Vergleichs wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin in der Zeit von Juli 2007 bis Dezember 2007 einen monatlichen Unterhalt von 970,00 EUR und ab Januar 2008 einen monatlichen Unterhalt von 755,00 EUR zu zahlen, wobei die durchgehend bis einschließlich März 2011 monatlich gezahlten 663,00 EUR anzurechnen sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 7/10 und der Beklagte 3/10 zu tragen.
Das Urt. ist vorläufig vollstreckbar.
Die Rev. wird nicht zugelassen.
Von der Feststellung der Tatsachengrundlagen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO) wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Auf das Verfahren ist das vor dem 1.9.2009 gültige Verfahrensrecht anzuwenden, weil es vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Art. 111 Abs. 1 FGG-RG).
Die Berufung des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). Sie hat auch teilweise Erfolg, weil die - zulässige - Klage zu einem geringeren Teil begründet ist, als v. AG angenommen.
1. Die Klägerin kann mit der von ihr erhobenen Abänderungsklage gem. den §§ 323 Abs. 4, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 323 Abs. 1 bis 3 ZPO grds. eine Abänderung des am 19.7.2000 vor dem AG Pankow/Weißensee zum Az. 22 F 2538/99 geschlossenen Unterhaltsvergleichs verlangen.
Weil es sich bei dem abzuändernden Titel um einen Prozessvergleich handelt, erfolgt die in § 323 Abs. 1 ZPO i. V. mit § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehene Anpassung an veränderte Verhältnisse allein nach den Regeln des materiellen Rechts. § 323 Abs. 1 ZPO hat daher keine praktische Bedeutung. Mangels besonderer Vereinbarungen über die Abänderbarkeit sind die Grundsätze über den Fortfall der Geschäftsgrundlage (heute § 313 BGB) maßgebend (vgl. BGHZ - GSZ - 85, 64, 73 = FamRZ 1983, 22 = NJW 1983, 228; BGH FamRZ 1995, 665, 666). Die Verhältnisse haben sich zumindest deshalb geändert, weil der Beklagte für ein Kind nicht mehr unterhaltspflichtig ist und er darüber hinaus Renteneinkünfte bezieht.
Nachdem die Klägerin den Beklagten mit Schreiben v. 2.7.2007 zur höheren Unterhaltszahlung aufgefordert hat, kann sie im Rahmen des § 323 Abs. 4 ZPO die Abänderung ab dem 1.7.2007 verlangen, § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB (zum bisherigen Recht vgl. Rasch in Ehinger/Griesche/Rasch, Hdb. Unterhaltsrecht, 5. Aufl. 2008, Rz. 727; jetzt zu § 239 FamFG in der 6. Aufl. 2011 Rz. 870).
2. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ergibt sich auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme aus § 1572 Nr. 2 BGB und § 1573 Abs. 2 BGB. Nach der ständigen Rspr. des BGH können beide Unterhaltsansprüche nebeneinander geltend gemacht werden. Dabei ist § 1573 Abs. 2 BGB anwendbar, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht erwerbsunfähig ist (vgl. BGH FPR 2009, 128 ff).
Das Maß des Unterhalts bemisst sich gem. § 1578 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen und umfasst den gesamten Lebensbedarf sowie die Kosten für eine angemessene Kranken- und Pflegeversicherung sowie für die Altersvorsorge. In dem Zusammenhang ist die neueste Entsch. des BVerfG v. 25.1.2011 - 1 BvR 918/10 - zu beachten, die im Gegensatz zur bisherigen Rspr. des BGH auf die ehelichen Lebensverhältnisse abstellt und nacheheliche Entwicklungen nur insoweit berücksichtigt, als sie in der Ehe bereits angelegt waren.
Auf dieser Grundlage beträgt das zu berücksichtigende Einkommen der Klägerin unter Einbeziehung des Weihnachtsgeldes 125,08 EUR. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wird man der Klägerin fiktiv keine weiteren Einkünfte zurechnen können. Der Sachverständige Dr. S. ist in seinem Gutachten v. 15.7.2010 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin aufgrund ihrer schweren Kniegelenkarthrose beidseits nicht in der Lage ist, in ihrem erlernten Beruf als Friseurin einer Erwerbstätigkeit von mehr als vier Stunden in der Woche nachzugehen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin in einem anderen Beruf länger als diese vier Stunden wöchentlich wird arbeiten können.
Von dem Einkommen ist der Erwerbstätigenbonus von 1/7 abzuziehen sowie berufsbedingte Aufwendungen, die der Senat angesichts der Tätigkeit lediglich einmal in der Woche mit 20,- EUR bemisst. Es verbleibt ein bereinigtes Nettoeinkommen der Klägerin i.H.v. 90,07 EUR.
Das Renteneinkommen des Beklagten betrug unstreitig in der Zeit ab Juli 2007 zwischen 2.282,09 EUR und 2.327,45 EUR. Des Weiteren ist bei der Bedarfsberechnung der ab April 2008 für den Sohn G. zu entrichtende Ausbildungsunterhalt z...