Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 10.04.2018; Aktenzeichen (565) 283 AR 212/17 Ns (193/17)) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. April 2018 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten, der noch nie über eine Fahrerlaubnis verfügte, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von 12 Monaten keine Fahrerlaubnis zu erteilen. Auf die dagegen eingelegte, auf "das Strafmaß" beschränkte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht das Urteil im Rechtsfolgenausspruch wie folgt abgeändert: "Der Angeklagte wird wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird." Von der vom Amtsgericht festgesetzten Sperre hat das Berufungsgericht ausdrücklich abgesehen. Die Bewährungszeit hat es auf vier Jahre festgesetzt und den Angeklagten der Aufsicht und Leitung eines hauptamtlichen Bewährungshelfers unterstellt. Gegen das Berufungsurteil richtet sich die unbeschränkt eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft, welche die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat (vorläufig) Erfolg.
1. Zur Überprüfung steht der gesamte Rechtsfolgenausspruch. Die Entscheidung des Amtsgerichts über die Sperrfrist ist nicht rechtskräftig geworden, denn der Angeklagte konnte sie nicht wirksam von seiner Berufung ausnehmen.
a) Zwar hat der Angeklagte durch seinen Verteidiger erklärt, die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil auf "das Strafmaß" zu beschränken. Die Sperrfrist ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung und keine Strafe im Rechtssinne, so dass bereits rechtstechnisch im Raum steht, dass der Verteidiger die Sperrfrist von der Berufung ausgenommen wissen wollte (vgl. Senat, Urteil vom 26. März 2018 - [3] 161 Ss 32/18 [1/18] -; OLG Jena OLGSt StPO § 327 Nr. 2). Dass der Verteidiger in der Berufungshauptverhandlung gleichwohl einen Antrag zur Sperrfrist gestellt hat, würde eine zuvor wirksam erfolgte Beschränkung der Berufung nachträglich nicht beseitigen können.
b) Jedoch war der Angeklagte aus Rechtsgründen an einer solchen Beschränkung des Rechtsmittels gehindert. Zwar ist eine Beschränkung der Berufung auf den Strafausspruch unter Aufrechterhaltung der Sperrfrist nicht schlechterdings ausgeschlossen (vgl. BGH NStZ 1992, 586; Senat, Urteil vom 26. März 2018 a.a.O. sowie Beschluss vom 19. Oktober 2015 - 3 Ss 107/15 -; Paul in Karlsruher Kommentar, StPO 7. Aufl., § 318 Rn. 8a m.w.N.). Eine wirksame Beschränkung setzt aber voraus, dass die Gründe der Sperrfristanordnung selbstständig beurteilt werden können und nicht in einem untrennbaren inneren Zusammenhang mit der Hauptstrafe stehen (vgl. BGH NJW 2001, 3134; Senat NZV 2002, 240 sowie Urteil vom 28. März 2018 und Beschluss vom 19. Oktober 2015 jeweils a.a.O.). Grundlage für die Beurteilung, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist grundsätzlich das angefochtene Urteil; andere, im Urteil nicht erwähnte Umstände bleiben bei der Beurteilung ohne Berücksichtigung (vgl. Senat, Urteil vom 28. März 2018 und Beschluss vom 19. Oktober 2015 jeweils a.a.O.; OLG Dresden NStZ-RR 2012, 289 zu § 47 Abs. 1 StGB).
c) Abgesehen davon, dass ein solcher Zusammenhang bei den hier ersichtlich angenommenen charakterlichen Mängeln naheliegt (und eine Beschränkung der Berufung nur auf das Strafmaß damit nach verbreiteter Ansicht schon deshalb ausscheidet [Streitstand vom OLG Frankfurt instruktiv dargestellt in NZV 2002, 382]), hat das Amtsgericht in seinem Urteil in der Begründung zur Sperrfristanordnung Bezug auf seine Feststellungen zur Tat und in der Begründung zur festgesetzten Sperrfristdauer Bezug auf seine Strafzumessungserwägungen genommen, so dass hier jedenfalls deshalb zwischen den Gründen der Sperrfristanordnung und der Festsetzung der Hauptstrafe ein untrennbarer Zusammenhang besteht.
2. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung begründet hat, halten revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.
a) Die Frage, ob zu erwarten ist, dass der Angeklagte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (§ 56 Abs. 1 StGB), hat der Tatrichter unter Berücksichtigung aller dafür bedeutsamen Umstände im Sinne einer Gesamtwürdigung zu entscheiden. Bei dieser Prognose steht ihm ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. KG, Urteile vom 17. Januar 2018 - [5] 161 Ss 139/17 [66/17] -, 20. Januar 2017 - [5] 161 Ss 195/16 [55/16] - und 13. Dezember 2006 [5] 1 Ss 305/06 [49/06] - [juris]; Hubrach in Leipziger Kommentar, StGB 12...