Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 19.02.2009; Aktenzeichen 14 O 465/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.2.2009 verkündete Urteil des LG Berlin - 14 O 465/07 - teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.951,75 EUR zu zahlen.
Die Zahlung der Hauptforderung wird mit der Maßgabe gestundet, dass die Beklagte an die Klägerin Zinsen i.H.v. 4 % p. a. aus 26.951,75 EUR ab dem 2.5.2009 zu zahlen hat.
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit wegen eines Betrages von 1.000 EUR in der Hauptsache erledigt ist.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 58 % und die Beklagte 42 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Auszahlung ihres Pflichtteils nach dem am 7.2.2007 verstorbenen E.S.in Anspruch. Der Erblasser war der Ehemann der Beklagten und Vater der Klägerin. Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird zunächst auf die tatsächlichen Ausführungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Beklagte, die von der Klägerin zunächst auf Zahlung eines Pflichtteils von 63.163,72 EUR in Anspruch genommen worden ist, unter Berücksichtigung eines streitig für erledigt erklärten Teilbetrages von 1.000 EUR zur Zahlung von 60.135,84 EUR nebst gestaffelter Zinsen verurteilt und ihr nachgelassen, die Forderung in 60 Monatsraten zu 1.000 EUR und einer weiteren Rate von 135,84 EUR auszugleichen.
Hiergegen richten sich die Rechtsmittel beider Parteien.
Die Klägerin rügt, das LG habe zu Unrecht die zum Nachlass gehörenden Geschäftsanteile an dem Fuhrunternehmen E.S.GmbH mit 522.972 EUR bewertet. Die insoweit vorgenommene Beweiswürdigung ermangele einer Auseinandersetzung mit ihren gegenüber dem eingeholten Gutachten erhobenen Rügen, das Gutachten sei zudem in sich nicht schlüssig. Tatsächlich habe das Unternehmen zum Bewertungsstichtag lediglich einen Wert von 208.384 EUR besessen, an sich sei es mit dem Tod des Erblassers sogar wertlos geworden. Ferner habe das LG den verbleibenden Wert der Lebensversicherung zu Unrecht an der Höhe des nach Abzug der Verbindlichkeiten verbleibenden Auszahlungsbetrages bemessen. Ebenso sei es unrichtig gewesen, die auf den Konten bei der Postbank AG und der Commerzbank AG den Nachlassaktiva zuzurechnen, da sie und der Erblasser gemeinschaftlich über diese Konten verfügt hätten. Im Hinblick auf den Pflichtteilsanspruch des Bruders der Klägerin, mit dem sie sich auf eine erfolgte Ausgleichszahlung von 10.500 EUR geeinigt habe und im Zusammenhang mit der Abwicklung der E.S.GmbH stünden ihr keine liquiden Mittel aus dem Nachlass mehr zur Verfügung, sie selbst verfüge lediglich über monatliche Einkünfte i.H.v. 889 EUR aus einer abhängigen Beschäftigung und über 257,30 EUR Witwenrente. Am 27.5.2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der E.S.GmbH eröffnet.
Die Beklagte beantragt, das am 19.2.2009 verkündete Urteil des LG Berlin (Az.: 14 O 465/07) abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, ihr die Pflichtteilsforderung vollständig zu stunden.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten rückzuweisen und der Beklagten eine Stundung der Forderung nicht zu gewähren.
Mit nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenem Schriftsatz vom 11.4.2012 hat die Klägerin noch folgenden Antrag gestellt:
Das Urteil des LG Berlin vom 19.2.2009 - 14 O 465/07 -dahin abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 27.807,17 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 35.357,95 EUR vom 4.4.2008 bis zum 19.8.2009 und aus 27.807,17 EUR ab dem 20.8.2009 zu zahlen sowie an die Hausverwaltung S.aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 19.8.2009 7.550,78 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.808,98 EUR ab dem 20.8.2009 zu zahlen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit zu ihren Gunsten entschieden worden ist und rügt, das LG habe eine Stundung der Forderung zu Unrecht gewährt, da die Beklagte zur vollständigen und sofortigen Erfüllung des Anspruchs in der Lage sei.
Die Beklagte beantragt insoweit, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen V...W... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den als Beistück bei den Akten befindlichen Inhalt des Gutachtens vom 29.4.2011 sowie die Wiedergabe der mündlichen Anhörung des Sachverständigen in der Sitzungsniederschrift vom 19.3.2012 (...