Normenkette

CMR Art. 17 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 17.10.2014; Aktenzeichen 100 O 84/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.10.2022; Aktenzeichen I ZR 151/21)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. Oktober 2014 verkündete Urteil des Landgerichts - 100 O 84/13 - wird mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagten in der Hauptsache und für die Kosten des Rechtsstreits wie Gesamtschuldner haften.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Die Streithelferin trägt die Kosten der Nebenintervention.

Das angefochtene Urteil ist nunmehr ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird für den Beklagten zu 2) und seine Streithelferin in dem aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Umfang zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist Transportversicherin. Sie nimmt die Beklagte zu 1) als auch den Beklagten zu 2), den Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der F... G... GmbH (im folgenden: F...), aus übergegangenem Recht und gestützt auf von ihr geleistete Entschädigungsleistungen wegen eines Transportschadens in Anspruch.

Die S... GmbH (im folgenden: S...), welche nach dem Vortrag der Klägerin bei ihr versichert ist und von ihr entschädigt wurde, beauftragte die Beklagte zu 1) am 1. September 2009 telefonisch damit, Kartons mit Elektronikartikeln (Fernseher und Kabel) von einem Lager der Fa. K... in London zur S... nach Berlin zu befördern. Die Beklagte zu 1) beauftragte die F... als Unterfrachtführerin. Dabei war ausdrücklich vereinbart, dass Pausen nur auf bewachten Parkplätzen stattfinden dürfen. Die F... beauftragte wiederum eine Unterfrachtführerin, die Fa. J... R..., welche den Transport tatsächlich durchführte.

Nach dem am Abend des 1. September 2009 erfolgten Beladevorgang in London unterschrieb der LKW-Fahrer der Fa. J... R..., R... S..., einen Frachtbrief (Kopie als Anlage 9 zum Schadensgutachten/Bericht der Fa. A.... C... (Anlage K2)). Aus diesem ergibt sich, dass die geladenen Pakete Fernseher und Kabel enthalten sollten.

Da der Fahrer seine Ruhezeiten einhalten musste und ihm nicht gestattet wurde, über Nacht innerhalb des Lagers in London zu parken, parkte er seinen LKW, dessen Ladefläche nur durch eine Plane geschützt war, in unmittelbarer Nähe vom Lager in einem Industriegebiet und legte sich in seiner Fahrerkabine zur Ruhe. Im Laufe der Nacht wurden die Planen des LKW geöffnet und eine Reihe von Paletten mit Paketen durch mehrere Personen entwendet, was der Fahrer bemerkte und durch Anlassen des Motors unterbrechen konnte. Nachdem er daraufhin in das Lager zurückfuhr, wurden die verbliebenen Pakete dort abgeladen. Der Fahrer R... S... quittierte insofern auf dem Frachtbrief, dass 353 Fernseher sowie 557 Kabel entwendet worden seien.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 17. Oktober 2021 - 100 O 84/13 - hat die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Berlin die Beklagte zu 1) verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von insgesamt 76.356,97 Euro nebst Zinsen sowohl für den Schaden aufgrund der abhanden gekommenen Fernseher und Kabel, als auch der Kosten des Schadensberichts der Fa. A..... C... zu zahlen. Den Beklagten zu 2) hat das Landgericht entsprechend verurteilt, im Wege der abgesonderten Befriedigung aus der Entschädigungsforderung der CMR-Haftpflichtversicherung der F... an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten wenden sich gegen die erstinstanzliche Verurteilung, wobei die Berufung zu Gunsten des Beklagten zu 2) von seiner Streithelferin eingelegt worden ist. Ein Schaden in der streitgegenständlichen Höhe sei nicht bewiesen, insbesondere sei nicht bewiesen, dass die in London entwendeten Kartons tatsächlich mit Fernsehern bepackt gewesen seien (Bd. 2, Bl. 50). Man könne darauf schließen, dass die Verladerin hier eine Sendung vortäuschen und dann wieder "rückgängig" machen wollte (Bd. 2, Bl. 45). Es sei nicht unstreitig, dass sich in den zurückgelaufenen, d.h. nicht gestohlenen Kartons Fernseher befunden hätten (Bd. 2, Bl. 54). Die Angabe der Fehlmenge auf dem CMR-Frachtbrief sei nicht das Ergebnis einer gemeinsamen Überprüfung (Bd. 2, Bl. 54). Jedenfalls liege kein qualifiziertes Verschulden vor, nachdem der Fahrer noch gebeten hatte, auf dem umzäunten Gelände der Verladerin übernachten zu dürfen. Die Ansprüche seien daher verjährt. Die Streithelferin und der Beklagte zu 2) meinen zudem, dass jedenfalls eine Haftung des Beklagten zu 2) nicht in Betracht komme, da zwischen der S... und der F... kein Vertragsverhältnis bestanden habe. Aus Art. 13 CMR könnten sich allenfalls unmittelbare Ansprüche gegenüber dem abliefernden (Unter-)Frachtführer ergeben.

Die Beklagten und der Streithelfer des Beklagten zu 2) beantragen jeweils...

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