Leitsatz (amtlich)
Der Begriff "Erbringung von Dienstleistungen" in Art. 29 Abs. 1 EGBGB umfasst das Auskehren eines Verbraucherkredits immer dann, wenn dadurch eine Warenlieferung oder eine Dienstleistung an einen Verbraucher finanziert werden soll; das ist nicht der Fall, wenn der Verbraucher das Darlehn aufnimmt, um seinerseits - im Rahmen eines Steuersparmodells - einem Dritten ein Darlehn zu gewähren.
Auf Verträge, die in den Regelungsbereich des Verbraucherschutzes in Art. 29 EGBGB fallen, ist Art. 34 EGBGB nicht anwendbar.
Für Verbraucherkreditverträge, die nur deshalb nicht von Art. 29 BGBGB erfasst werden, weil sie nicht die "Erbringung einer Dienstleistung" beinhalten, ist das vereinbarte Vertragsstatut (hier: Recht der Schweiz) maßgeblich; Art. 34 EGBGB ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift und der Systematik des Gesetzes insoweit nicht einschlägig.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 08.05.2003; Aktenzeichen 9 O 421/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 8.5.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des LG Berlin - 9 O 421/02 - wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor der angefochtenen Entscheidung wie folgt lautet:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.556,19 Schweizer Franken (CHF) nebst 8,7 % Zinsen aus 17.198,99 CHF seit dem 15.5.2004 zu zahlen.
2. In Höhe von 28.325,56 CHF ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
3. Die Widerklage wird - auch im Umfang ihrer Erweiterung - abgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die am 26.6.2003 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.11.2003 mit einem am 20.11.2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 8.5.2003 verkündete und dem Beklagten am 27.5.2003 zugestellte Urteil der Zivilkammer 9 des LG i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses vom 7.10.2003, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte u.a. vor:
Entgegen der vom LG vertretenen Rechtsauffassung sei deutsches Recht, insb. das VerbrKrG, anwendbar. Dies folge zum einen aus Art. 120 des Schweizer Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG), zum anderen aus den Art. 29 und 34 EGBGB.
Selbst bei Anwendung Schweizer Rechts schulde er, der Kläger, gem. Art. 314 Abs. 1 OR ab Januar 2001 allenfalls Zinsen i.H.v. 5,6 %.
Auch habe das LG übersehen, dass wegen der bestehenden Sicherheiten lediglich eine Zug-um-Zug Verurteilung in Betracht komme.
Bei der Ermittlung fremden Rechts habe das LG gegen § 293 ZPO verstoßen. Es habe sich bei der nach dem Schweizer Recht vorzunehmenden Auslegung von Treu und Glauben nicht mit der diesbezüglich in der Schweiz ergangenen Rechtslehre und Rechtsprechung auseinandergesetzt.
Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und auf seine Widerklage festzustellen, dass die Klägerin dem Beklagten aufgrund der vorzeitigen Kündigung der vom Beklagten bei der Gesellschaft Norwich Union (Versicherungs-Nr. A 11853910) abgeschlossenen Lebensversicherung verpflichtet ist, den dem Beklagten hierdurch bereits entstandenen und zukünftig hieraus noch entstehenden Schaden zu ersetzen.
In Erweiterung der Widerklage beantragt der Beklagte, die Klägerin zu verurteilen, an ihn 19.401,07 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klägerin erklärt den Rechtsstreit i.H.v. 89.897,55 CHF in der Hauptsache für erledigt und beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Tenor der angefochtenen Entscheidung wie folgt lautet:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.556,19 Schweizer Franken (CHF) nebst 8,7 % Zinsen aus 17.198,99 CHF seit dem 15.5.2004 zu zahlen.
In Höhe von 89.897,55 CHF ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
Die Widerklage wird - auch im Umfang ihrer Erweiterung - abgewiesen.
Der Kläger schließt sich der Hauptsachenerledigung wegen eines Teilbetrages von 61.571,99 CHF an.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung, die sie für zutreffend erachtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
II. Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache aus den im Ergebnis zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rec...