Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 03.06.2008; Aktenzeichen 16 O 78/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Berlin vom 3.6.2008 - 16 O 78/07 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz und die außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten der Nebenintervenientin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil des LG Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt:

Die Klägerin begehrt - nach in der Sache gleichem, erfolglosem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Verfahren vor dem LG Berlin zu 16 O 1049/06 - im hiesigen Rechtsstreit, die Beklagte, welche als (mittelbare) Lizenznehmerin der Nebenintervenientin die Virtualisierungssoftware "Parallels Desktop für Mac" im Internet zum Verkauf anbietet, zu verpflichten, es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, die Virtualisierungssoftware "Parallels Desktop für Mac" der Nebenintervenientin zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, mit der Begründung, ihr stünden an dieser Software Rechte unter dem Gesichtspunkt der unfreien Bearbeitung zu.

Das LG hat die Klage mit Urteil vom 3.6.2008 abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren in zweiter Instanz fort.

Die Klägerin rügt und trägt weiter vor:

Auf den vorliegenden Fall sei deutsches Recht anzuwenden.

Sie mache die Verletzung ihrer Rechte an der Software "twoOStwo Version 2.30 beta 1 (Build 42B)" durch die Verwertung der Software "Parallels Desktop Mac 2.1 (Build 1.940)" durch die Beklagte geltend. Sie sei Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte hinsichtlich ersterer; dies sei aufgrund eines Copyright-Vermerks (Anlage K 6) zu vermuten.

Bei einem Computerprogramm seien dessen Architektur, dessen - mit Handlungsabläufen bei Romanen vergleichbare - Programmabläufe schutzfähig.

Vorliegend habe das Programm "Parallels Desktop für Mac" identische interne Programmabläufe, die identisch angeordnet und miteinander verknüpft seien wie das Programm "twoOStwo Version 2.30 beta 1 (Build 42B)"; es sei entgegen der Auffassung des LG nicht nur das Ziel übernommen worden, sondern auch der Weg. Aufgrund der Übernahme von Teilen sei die Software "Parallels Desktop für Mac 2.1 (Build 1.940)" insgesamt urheberrechtswidrig.

Das Privatgutachten der R.L. GmbH habe diese Umstände aufgezeigt, nämlich transparent gemacht, welche Programmfunktionen des Programms "twoOStwo Version 2.30 beta 1 (Build 42B)" beim Programm "Parallels-Desktop für Mac" identisch übernommen worden seien und - die schöpferische Gestaltung des Programmierers sichtbar machend - wie diese identischen Programmfunktionen miteinander verknüpft seien. Urheberrechtsverletzungen bei Computerprogrammen seien nicht nur durch einen Vergleich der Quellcodes nachweisbar, sondern auch durch einen Vergleich der Binärcodes. Durch eine technische Analyse des Binärcodes eines - auch bearbeiteten - Programms, wie sie die R.L. GmbH durchgeführt habe, könnten sog. "Callgraphen" extrahiert werden, die den genauen Funktionsablauf des Programms und seine Architektur wiedergäben und somit eine qualitative Aussage erlaubten. Die Analysetools der R.L. GmbH ließen einen so weitgehenden Einblick in Aufbau und Gestaltung eines Programms zu, dass Programmfehler und Sicherheitslücken entdeckt werden könnten. Es sei unrichtig, dass die R.L. GmbH nicht "die streitgegenständliche Programme" untersucht habe. Die Vergleichstechnik des Binärcodes durch Callgraphen beruhe nicht auf einer Dekompilierung. Die von der R.L. GmbH festgestellte Übereinstimmung von 28 % der Funktionen zwischen "twoOStwo" in der Windows-Version und Parallels sei signifikant.

Hinzu kämen folgende Indizien: Beide Programme könnten das Container-Format der Software der Klägerin problemlos lesen und verarbeiten; der Maustreiber ermögliche bei beiden Programmen die durchgängige Verwendung der Computermaus im Wirts- und Gastsystem; die OOO Parallels habe nach Ende der Zusammenarbeit mit ihr die für sie (= Klägerin) erstellte Software zum Download angeboten und die mit der OOO Parallels zu den dahinter stehenden Personen teilweise personenidentische Nebenintervenientin gehe infolge der Annahme, der Klägerin seien nicht alle Nutzungsrechte übertragen worden, bis heute davon aus, hierzu befugt zu sein und biete in den USA eine Version der Software "Parallels Workstation" für Windows an, die identische Programmbibliotheken wie die Software "twoOStwo" verwende. Die Personenidentität der OOO Parallels mit der Nebenintervenientin sei schon bei Herrn N.D. offensichtlich, der für die OOO Parallels Dokumente (Anlagen N-B 1 und 3) unterzeichnet habe und ...

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