Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen (567) 281 AR 44/12 Ns (91/11)) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. August 2012 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen Betruges (durch Unterlassen) zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Dagegen hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die er in der Berufungshauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch und weiterhin auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt hat. Das Landgericht hat die Beschränkung des Rechtsmittels für wirksam erachtet und der Berufung mit der Maßgabe stattgegeben, dass es unter Einbeziehung zweier Einzelfreiheitsstrafen von vier und sechs Monaten aus einem rechtskräftigen Urteil vom 29. Oktober 2010, die zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten zusammengeführt worden waren, eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten festgesetzt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt hat. Gleichwohl hat es dem Angeklagten die vollen Kosten der Berufung auferlegt.
Gegen das landgerichtliche Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft Berlin mit der von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vertretenen Revision. Sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts mit dem Ziel, den Entfall der Strafaussetzung zur Bewährung zu erreichen.
Das Rechtsmittel hat - vorläufigen - Erfolg. Das angefochtene Urteil hält rechtlicher Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil das Landgericht zu Unrecht von der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch und darüber hinaus auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung ausgegangen ist und deshalb die erforderlichen eigenen Feststellungen zum Schuld- und Strafausspruch nicht getroffen hat.
1. Die Berufungsbeschränkung, deren Wirksamkeit das Revisionsgericht von Amts wegen und ohne Bindung an die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts prüft (vgl. BGHSt 27, 70, 72; Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl., § 318 Rn. 33, § 352 Rn. 4), erweist sich als unwirksam.
Voraussetzung für eine wirksame Rechtsmittelbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist, dass die Straffrage losgelöst von dem nicht angegriffenen Teil der Entscheidung rechtlich und tatsächlich selbstständig beurteilt werden kann, ohne dass eine Prüfung des übrigen Urteilsinhaltes erforderlich ist (vgl. BGHSt 39, 208, 209). In aller Regel erfordert dies, dass die Feststellungen des angefochtenen Urteils so umfassend sind, dass sie den Schuldspruch tragen und eine hinreichende Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfolgen bilden (vgl. BGHSt 29, 359, 364; KG, Beschluss vom 24. April 2002 - [3] 1 Ss 89/02 [44/02] -; Meyer-Goßner aaO. § 318 Rn. 16 und 17). Dementsprechend ist eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam, wenn die den Schuldspruch betreffenden Feststellungen - auch hinsichtlich der inneren Tatseite (vgl. hierzu BayObLGSt 1999, 96; OLG Düsseldorf VRS 64, 36; 67, 271; 89, 215 und 218; OLG Jena OLGSt StGB § 323a Nr. 5; OLG Koblenz VRS 65, 369; OLG Köln VRS 82, 39; OLG Oldenburg VRS 115, 364; KG, Beschluss vom 7. Juni 2006 - [3] 1 Ss 487/05 [12/06] -; Senat, Beschluss vom 1. Juli 2008 - [4] 1 Ss 151/08 [107/08] -; Meyer-Goßner aaO. Rn. 16) - so unzureichend, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie eine Beurteilung des Tatgeschehens und des Unrechtsgehaltes der Tat nicht ermöglichen und deshalb keine ausreichende Grundlage für die zu treffende Rechtsfolgenentscheidung bieten (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Januar 2012 - [4] 121 Ss 1/12 [5/12] -). Eine Beschränkung innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs auf die Strafaussetzungsentscheidung ist u.a. dann unwirksam, wenn es mangels ausreichender Darlegung der entscheidungserheblichen Strafzumessungsgründe an der Grundlage für eine darauf aufbauende Aussetzungsentscheidung fehlt (vgl. OLG Karlsruhe VRS 95, 225).
a) Die hiernach erforderlichen Voraussetzungen für eine wirksame Berufungsbeschränkung erfüllte das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten nicht.
Das Amtsgericht hat festgestellt, dass dem Angeklagten auf seinen Antrag vom 26. November 2009 seit dem 9. Dezember 2009 seitens der zuständigen Arbeitsagentur Berlin-Nord Arbeitslosengeld I bewilligt wurde. Zum Tatgeschehen teilt das Urteil sodann die getroffenen Feststellungen wie folgt mit:
"In Kenntnis seiner gesetzlichen Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung jedweder Änderungen in den persönlichen bzw. wirtschaftlichen Verhältnissen unterließ es der Angeklagte pflichtwidrig, der Leistungsstelle die Arbeitsaufnahme bei der Fritz Jahn Gebäudeservice GmbH & Co. KG mit Sitz in Berlin mitzuteilen. In Unkenntnis seiner tatsächlichen Einkommensverhältnisse leistete die zuständige Agentur für Arbeit - wie vom Angeklagten beabsichtigt - weiterhin ungekürzt Arbeitslosengeld I in ei...