Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsverwaltung: Haftung des Zwangsverwalters gegenüber einer Wohnungseigentümergemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Der Zwangsverwalter, der eine Eigentumswohnung verwaltet, ist nur den Verfahrensbeteiligten i.S.d. § 9 ZVG für die Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen verantwortlich. Zu den Verfahrensbeteiligten zählt die Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Mitglied von der Zwangsverwaltung betroffen ist, grundsätzlich nicht. Denn zu deren Gunsten ist regelmäßig zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks kein Recht im Wohnungsgrundbuch der verwalteten Wohnung eingetragen.
Normenkette
ZVG § 9 Nr. 1, § 154; WoEigG § 7 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 05.07.2005; Aktenzeichen 35 O 584/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 5.7.2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 35 des LG Berlin - 35 O 584/04 - geändert und die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I. Die Klägerin verlangt Schadensersatz mit der Begründung, der Beklagte habe ihr gegenüber bestehende Pflichten als Zwangsverwalter in einem Zwangsverwaltungsverfahren für einige Wohnungen in der Eigentümergemeinschaft verletzt und hafte deswegen für den Ausfall von laufenden Wohngeldern, einer während seiner Amtszeit beschlossenen Sonderumlage sowie den Ersatz von Verfahrenskosten aus einem WEG-Verfahren, dass der Beklagte gegen die Klägerin geführt hatte.
Wegen des Sachverhalts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Das LG hat der Klage weitgehend stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des LG Berlin vom 5.7.2005 - 35 O 584/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst dazu eingereichten Anlagen.
Die Parteien haben der Entscheidung durch den Einzelrichter zugestimmt.
Entscheidungsgründe
II. Aufgrund der Zustimmung der Parteien ist der Einzelrichter zur Entscheidung befugt (§ 527 Abs. 4 ZPO).
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). In der Sache hat sie Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch gegen den Beklagten nicht zu.
Die geltend gemachten Ansprüche auf Erstattung von ausgefallenem Wohngeld nebst Umlagen und Ersatz von Verfahrenskosten macht die Wohnungseigentümergemeinschaft zutreffend als Rechtsinhaberin geltend (BGH NJW 2005, 2061). Sie stützt sich auf § 154 ZVG. Die Voraussetzungen für einen Anspruch gegen den Beklagten nach dieser Vorschrift liegen für die Forderungen der Klägerin jedoch nicht vor.
1. Die Vorschrift begründet einen Haftungstatbestand für den Zwangsverwalter. Er ist den Verfahrensbeteiligten für die Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen verantwortlich. Die Klägerin ist nicht Verfahrensbeteiligte.
a) Wer Verfahrensbeteiligter ist, bestimmt sich ausschließlich nach § 9 ZVG (BGH NJW 1990, 454; Zeller, ZVG, Kommentar, 18. Aufl. 2005, § 155 Rz. 2.2). In Betracht kommt hier nur eine Verfahrensbeteiligung nach § 9 Ziff. 1 ZVG, denn Ziff. 2 ZVG setzt jedenfalls eine Anmeldung der Kläger im Verfahren voraus, die unstreitig nicht stattgefunden hat. Im Übrigen ist nicht zu erkennen, dass die Klägerin ein die Zwangsvollstreckung in die Wohnung hinderndes Recht oder eine der anderen in Ziff. 2 genannten Rechte innehatte.
b) Nach § 9 Ziff. 1 ZVG ist derjenige Verfahrensbeteiligter, für den zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen ist oder durch Eintragung gesichert ist. Einschlägig ist die 1. Variante - Grundbucheintragung. Gemeint ist das Grundbuch für die Sache, für die Zwangsverwaltung angeordnet ist. Das sind im vorliegenden Fall die Wohnungsgrundbücher der vom Beklagten verwalteten Wohnungen, nicht etwa ein Grundbuch für das Grundstück, an dem der Wohnungseigentümer Anteil hat. Dieses ist nach § 7 Abs. 1 Satz 3 WEG mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher zu schließen (Commichau in MünchKomm/BGB, Kommentar, 4. Aufl., § 7 WEG Rz. 13; Bärmann/Pick, WEG, 17. Aufl., § 7 Rz. 26).
Was im Wohnungsgrundbuch einzutragen ist, regelt § 7 Abs. 1 Satz 1, 2 WEG. Danach ist für den Miteigentumsanteil, auf dem das Wohnungseigentum aufbaut, das zu dem Miteigentumsanteil gehörende Sondereigentum einzutragen und ferner als Beschränkung des Miteigentums die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte. Die Eintragung der Beschränkung des Miteigentumsanteils stellt eine Definition...