Normenkette

BGB § 768 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das am 27. Februar 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 27 O 395/14 - bezüglich seines Tenors zu 3. und im Kostenpunkt abgeändert:

Die Klage gegen die Beklagte zu 2) wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Parteien wie folgt zu tragen:

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Klägerin zu 3% und die Beklagte zu 1) zu 97% zu tragen. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) zu tragen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen und im Übrigen von der Darstellung des Tatbestandes gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

B. I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft, erreicht den notwendigen Wert der Beschwer (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und ist form- und fristgerecht (§§ 517, 519 520 ZPO) eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung der Beklagten zu 2) hat auch in der Sache Erfolg. Die Beklagte zu 2) kann der Inanspruchnahme aus den von ihr übernommenen Vertragserfüllungsbürgschaften mit Erfolg die Einrede nach § 768 Abs. 1 Satz 1, § 821 BGB entgegenhalten, die Beklagte zu 1) habe die Bürgschaft ohne rechtlichen Grund gestellt. Die der Bürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede ist unwirksam.

Nach der Rechtsprechung des BGH stehen dem Bürgen gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einwendungen des Schuldners aus der Sicherungsabrede mit dem Gläubiger zu. Hat der Bürge eine Sicherung gewährt, obwohl die Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger unwirksam ist, so kann er sich gegenüber dem Leistungsverlangen des Gläubigers auf die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede und auf die Einrede des Hauptschuldners berufen, dass der Gläubiger die Inanspruchnahme des Bürgen zu unterlassen hat. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des Akzessorietätsgedankens, der sicherstellen soll, dass der Bürge grundsätzlich nicht mehr zu leisten hat als der Hauptschuldner (BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 120/14 - Rn. 14 nach juris m.w.N).

In diesem Urteil hat der BGH, ohne dass er seine Entscheidung hierauf gestützt hat, eine Regelung in den dort streitigen Besonderen Vertragsbedingungen für sich allein betrachtet für unwirksam gehalten, die wie folgt lautete:

"6.1 Als Sicherheit für die Vertragserfüllung nach § 33.1 ZVB-VOB hat der AN eine Bürgschaft nach Vordruck B U in Höhe von 5,0 v.H. der Auftragssumme einschl. Nachträge zu stellen.

Leistet der AN die Sicherheit nicht innerhalb von 18 Werktagen nach Vertragsabschluß (Zugang des Auftragsschreibens bzw. der Nachtragsvereinbarung), ist der AG berechtigt, die Abschlagszahlungen einzubehalten, bis der Sicherheitsbetrag erreicht ist.

Nach Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche kann der AN verlangen, daß die Bürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft (siehe auch 6.2) in Höhe von 3,0 v.H. der Abrechnungssumme umgewandelt wird."

Zur Wirksamkeit dieser Klausel führt der BGH aus (a.a.O., Rn. 22):

"Die Sicherungsabrede wäre im Übrigen auch dann unwirksam, wenn das Klauselwerk eine Bestimmung wie in Nr. 34.6 ZVB nicht enthielte, da bereits die Klausel in Nr. 6.1 BVB isoliert betrachtet gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist. Auch sie führt schon zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers, weil er für einen nicht unerheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus für mögliche Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers eine überhöhte Sicherheit zu leisten hat. Denn zum einen steht es im Belieben des Auftraggebers, wann er die Schlusszahlung leistet. Zum anderen kann er durch das Erheben von Ansprüchen, ohne dass deren Berechtigung feststünde, das Entstehen des Anspruchs des Auftragnehmers auf Umwandlung der Vertragserfüllungsbürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft für einen erheblichen Zeitraum hinausschieben (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. August 2013 - 19 U 99/12, juris Rn. 46-55)."

Der hier streitige Bauvertrag enthält in seinen Besonderen Vertragsbedingungen, die Vertragsbestandteil sind, unter 4.1. am Ende folgende Regelung:

"Nach Abnahme und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche einschließlich Schadensersatz kann der Auftragnehmer verlangen, dass die Sicherheit für die Vertragserfüllung in eine Mängelansprüchesicherheit umgewandelt wird."

Unter Beachtung der o.g. Entscheidung des BGH ist diese Regelung unwirksam.

Zwar ist die hiesige Vertragsklausel insofern anders formuliert, als es nicht von der Schlusszahlung der Klägerin als Klauselverwenderin abhängt, ob der Beklagten zu 1) der Umwandlungsanspruch zusteht. Dies hat auch das Landgericht so gesehen und zu Recht erkannt, dass aus diesem Grund die streitige Vertragsklausel nicht unwirksam ist. Jedoch insoweit identisch mit dem vom BGH ents...

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