Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 29.06.1998; Aktenzeichen 12 O 399/98) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 29. Juni 1998 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin geändert:
Die einstweilige Verfügung der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin vom 18. Juni 1998 wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlaß zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen werden dem Verfügungskläger auferlegt.
3. Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist begründet.
Die einstweilige Verfügung auf Herausgabe der streitbefangenen Räume an den Verfügungskläger und das Gebot, dafür zu sorgen, daß eine Nutzung der Räume durch eine andere Person als den Verfügungskläger unterbleibt, ist zu Unrecht ergangen, weil die Erfüllung dieser Verpflichtung den Verfügungsbeklagten nicht möglich und daher mit der einstweiligen Verfügung nicht durchsetzbar ist.
Grundsätzlich ist im Falle der verbotenen Eigenmacht die Herausgabeverfügung nach § 861 BGB auch ohne besonderen Verfügungsgrund und mit dem Ziel der endgültigen Befriedigung durch Wiederherstellung der früheren Besitzlage gegeben. Die Voraussetzungen des § 861 BGB liegen an sich vor. Die Verfügungsbeklagten haben auch im Berufungsverfahren nicht substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht, daß die Übernahme des Besitzes durch sie und Übergabe an den Nachmieter mit dem vorher oder nachträglich erteilten Einverständnis des Verfügungsklägers erfolgt wäre. Wie sich aus der nunmehr eingereichten eidesstattlichen Versicherung der Zeugin Gisela Brzeski vom 6. Oktober 1998, deren Inhalt sich die Verfügungsbeklagten zu eigen gemacht haben, ergibt, hatte der Verfügungskläger am 18. Mai 1998 immer noch nicht sämtliche Schlüssel übergeben und die Mieträume noch nicht vollständig verlassen. Er hatte also, selbst wenn er mit einer Mietaufhebung einverstanden war oder auch, wie die Verfügungsbeklagten nunmehr behaupten, eine von ihnen erklärte außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses akzeptiert hatte, den Besitz noch nicht vollständig aufgegeben und den Verfügungsbeklagten den Besitz an den Mieträumen noch nicht endgültig übertragen. Schon allein der Umstand, daß die Schlösser zu den Räumen ausgewechselt worden sind, spricht gegen eine einverständliche Besitzübertragung. Selbst wenn er alsbald hätte räumen müssen und dies auch wollte, konnte er sich grundsätzlich gegen eine gegen seinen Willen vorgenommene vorzeitige Besitzentziehung wehren. Ein nachträglich durch den Prozeßbevollmächtigten des Verfügungsklägers erklärtes Einverständnis mit der Besitzentziehung ergibt sich schon nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit aus dem Inhalt der eidesstattlichen Erklärung des Zeugen …, nach dessen Angaben der Prozeßbevollmächtigte des Klägers immerhin auch erklärt haben soll, er werde dies (die vermeintliche Vereinbarung) noch mit seinem Mandanten besprechen. Gegen die Darstellung des Zeugen spräche im übrigen das zeitliche Verhältnis im Verhältnis zu dem Telefax des Verfügungsbeklagten zu 1) vom 10. Juni 1998, das nicht mehr – wie sich aus der einstweiligen Verfügung ergibt – im Laufe des Gespräches hätte eingeholt werden können, wenn das Telefonat, wie der Kläger behauptet und sein Prozeßbevollmächtigter anwaltlich versichert hat, am 11. Juni 1998 stattgefunden hatte. Letzteres ist nach der Erklärung des Zeugen, in der von einem Telefonat am 10. oder 11. Juli 1998 die Rede ist, nicht ausgeschlossen.
Dem Erlaß der einstweiligen Verfügung stand jedoch von vornherein entgegen, daß die Mietsache sogleich an den Nachmieter überlassen worden ist und dieser – wovon auszugehen ist – weiterhin den Besitz an der Mietsache hat.
Zwar hat der Verfügungskläger vorgetragen, die Räume sähen so aus, als ob der Nachmieter die Räume gar nicht nutze, und der Mieter habe ihm gegenüber erklärt, er wolle die Räume nicht mehr haben. Die Verfügungsbeklagten haben demgegenüber behauptet, der Nachmieter übe noch den unmittelbaren Besitz aus, und darüber eine eidesstattliche Erklärung der Zeugin … vorgelegt, wozu sie – insoweit unwidersprochen – ergänzend vorgetragen haben, daß der die Schlüssel nicht zurückgegeben habe, was gegen eine möglicherweise gegenüber dem Verfügungskläger erklärte Rückgabebereitschaft spricht. Der Verfügungskläger hat darüber hinaus selbst vorgetragen, der Nachmieter sei weder an den Geschäftsräumen noch an seinem Wohnsitz zu erreichen.
Bei dieser Sachlage ist die einstweilige Verfügung nicht geeignet, den erstrebten und ihren Erlaß allein rechtfertigenden Erfolg, die sofortige Wiederherstellung des Besitzes des Verfügungsklägers, herbeizuführen, so daß es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Vollstrecken ließe sich die Herausgabeverfügung nur durch die Herausgabevollstreckung nach § 885 ZPO. Diese ist nur gegen den unmittelbaren Besitzer zulässig (vgl. Baumbach/Hartmann, ZPO, § 885, Rn 10, 15). Eine Pfändung des Herausgabeanspruchs kommt nicht in Betracht, da, soweit ersichtlich, den Verfüg...