Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 08.01.2016; Aktenzeichen 4 O 447/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 8.1.2016 verkündete Urteil des LG Berlin - 4 O 447/14 - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrags in Höhe von 88.875,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6,34 % p.a. seit dem 17.11.2016 an die Beklagte
a) die Löschung der Grundschuld ohne Brief über 105.800 EUR.im Grundbuch gem. § 19 GBO gegenüber dem zuständigen Grundbuchamt zu bewilligen und zu beantragen
b) sämtliche gegenwärtigen und künftigen Mietzinsforderungen aus dem Objekt Eigentumswohnung, ...an den Kläger und an Frau ...rückabzutreten.
2. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 88.875,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6,34 % p.a. seit dem 17.11.2016 zu zahlen Zug um Zug gegen Bewilligung und Beantragung der Löschung der Grundschuld ohne Brief über 105.800 EUR.im Grundbuch gem. § 19 GBO gegenüber dem zuständigen Grundbuchamt.
3. Im Übrigen werden Klage und Hilfswiderklage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 38 % und die Beklagte 62 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 13 % und die Beklagte 87 % zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung und wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. [1] Der Kläger und ...erhielten aufgrund Vertrages vom 2.7.2007 von der Beklagten ein Darlehen über 105.800 EUR, welches durch eine Grundschuld an einer Eigentumswohnung und eine Mietabtretung gesichert wurde, und erklärten am 19.1.2014 bzw. 7.3.2014 den Widerruf ihrer Vertragserklärungen. Das LG, das von einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages ausgegangen ist, hat die Klage auf Löschung der Grundschuld und Rückabtretung von Mietzinsforderungen an den Kläger Zug um Zug gegen (zuletzt) Zahlung von 76.107.97 EUR, auf Feststellung von Annahmeverzug der Beklagten und auf Erstattung außergerichtlicher Kosten abgewiesen, den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung von 91.261,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6,34 % p.a. ab dem 15.7.2015 verurteilt und die weiter gehende Widerklage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
[2] Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter, hinsichtlich der Mietzinsforderung mit der Maßgabe, dass er Rückabtretung an sich und die Mitdarlehens-nehmerin verlangt.
Die Grundschuld sei Zug um Zug gegen Erfüllung des sich aus dem Darlehenswiderruf ergebenden Zahlungsanspruchs freizugeben. Der Zweckerklärung könne gemäß § 305c Abs. 2 BGB, § 305c Abs. 1 BGB bzw. 307 Abs. 1 BGB eine Vorleistungspflicht des Darlehensnehmers nicht entnommen werden.
Die Beklagte sei durch die Zurückweisung des Darlehenswiderrufs mit ihrem Schreiben vom 20.1.2014 im Annahmeverzug hinsichtlich der ihr zustehenden Rückgewährzahlung und im Schuldnerverzug hinsichtlich der Freigabe der Darlehenssicherheiten und der Erfüllung des klägerischen Rückgewährsanspruchs. Der Kläger sei zur Darlehensablösung in der Lage, da er nur zur Leistung Zug um Zug verpflichtet sei und ein Immobiliardarlehen bei einem anderen Kreditinstitut zur Ablösung aufnehmen könnte. Einem etwaigen Zinsanspruch der Beklagten stehe jedenfalls ab Verzugseintritt der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegen, weil der Kläger das Darlehen bzw. den Rückabwicklungssaldo sonst unmittelbar nach dem erklärten Widerruf hätte ablösen können.
Gemäß dem Beschluss des BGH vom 22.9.2015 - XI ZR 116/15 - sei Nutzungsersatz auch hinsichtlich der Tilgungsleistungen zu beanspruchen und finde keine automatische Saldierung der gegenseitigen Ansprüche statt, sondern könnten die Ansprüche wie in der vorliegenden Klage mit der Zug-um-Zug-Verknüpfung geltend gemacht werden, solange keine Aufrechnung erklärt wurde.
Der Klägerseite sei Nutzungsersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zuzuerkennen. Dies sei der BGH-Entscheidung vom 22.9.2015 - XI ZR 116/15 - durch den Verweis auf das Urteil vom 10.3.2009 - XI ZR 33/08 - zu entnehmen. Wenn man den Nutzungsersatzanspruch nur mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ansetze, werde der Darlehensnehmer nach erfolgtem Widerruf in der Regel finanziell schlechter gestellt als bei regulärem Vertragsverlauf, wenn vor dem Widerruf bereits relativ große Teile des Darlehens getilgt wurden.
Die Beklagte sei bis zum Zugang ihrer Hilfsaufrechnung am 14.9.2015 zur Verzinsung des ungeminderten Zahlungsanspruchs der Kläger verpflichtet. Ei...