Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Informationspflichten einer Bank, die als Anlageberaterin auftritt

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 01.12.2003; Aktenzeichen 10 O 448/03)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.12.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 10 des LG Berlin wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist 1941 geboren. Sie war Kundin der Beklagten.

In einem sog. persönlichen Beratungsbogen nahm die Beklagte im Herbst 1999 auf, dass die Klägerin ihr Vermögen in Rentenpapieren, in einem Grundwert-Fonds und einer Lebensversicherung angelegt habe. Als Anlageform wünsche sie Renten. Diesbezüglich verfüge sie über mehr als fünf Jahre Erfahrung. Sie habe erneut die Informationsbroschüre "Risiken minimieren" erhalten. Sie stelle sich als Anlagedauer ein bis fünf Jahre vor. Als Anlagementalität ist "konservativ" angekreuzt. Nach dem Beratungsbogen bedeutet "konservativ" ein strukturiertes, auf mehrere Werte diversifiziertes Depot mit Schwerpunkt in Rentenpapieren und begrenztem Aktienanteil. Risikobewusst ist als ein strukturiertes, auf mehrere Werte diversifiziertes Depot mit internationaler Ausrichtung im Aktien- und Rentenbereich, deren Gewichtung individuell festgelegt werden kann, umschrieben. Kenntnisse der Klägerin über Aktien sind auf dem Bogen nicht aufgeführt.

Am 22.2.2000 erschien die Klägerin bei der Beklagten, um Grundwert-Fonds-Anteile im Wert von 27.755,71 Euro zu verkaufen. Die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten rieten ihr für eine Neuanlage zum sog. DIT-Altersvorsorgefonds 55. Dieser Fonds weist einen Rentenanteil von 35 %, einen Immobilienanteil von 15 % und einen Aktienanteil von 50 % aus. Der Fonds hält inter-nationale Aktien auch aus dem asiatischen und amerikanischen Raum. Im Verkaufsprospekt v. 16.10.2003 wurde die Investition des Fonds in Aktien als chancenorientierte Anlage gekennzeichnet. Als Ziel der Anlagepolitik war ein langfristiger Kapitalzuwachs genannt. Über das Gespräch am 22.2.2000 wurde erneut ein persönlicher Beratungsbogen erstellt. Dieser nimmt Bezug auf den von 1999. Es ist aufgeführt, dass eine Produktaufklärung W/AS55 erfolgt und seitens der Klägerin auf die Übergabe von "VKP, RB, AS-Fonds" verzichtet worden sei.

Die Klägerin erwarb für 27.609,76 Euro Anteile am empfohlenen Fonds. Durch Wiederanlage der Ausschüttungen hält die Klägerin derzeit 801,141 Anteile, die 20.836,68 Euro wert sind. Die Beklagte lehnte eine Rückabwicklung des Anlagegeschäfts ab.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe am 22.2.2000 erklärt, keine Aktien zu wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Klageschrift v. 25.8.2003 (Bl. 1-7 d.A.) mit entsprechenden Anlagen verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.609,76 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 Abs. 1 BGB seit dem 16.10.2003 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung von 801,141 Anteilen Fonds DIT-Altersvorsorge 55.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Klägerin sei am 22.2.2000 darauf hingewiesen worden, dass der empfohlene Fonds zu 50 % in Aktien investiere. Es sei ihr erläutert worden, dass es sich hierbei um ein klassisch strukturiertes Anlagemuster eines konservativen Fonds mit längerfristigem Anlagehorizont handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten v. 21.10.2003 (Bl. 29-35 d.A.) mit entsprechenden Anlagen verwiesen.

Das LG Berlin hat die Beklagte durch ein am 1.12.2003 verkündete Urteil verurteilt, an die Klägerin 27.609,76 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.10.2003, Zug um Zug gegen Übertragung von 801,141 Anteile des Fonds DIT-Altersvorsorge 55. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin ein Anspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung (pVV) zustehe. Die Klägerin habe eine konservative Anlage gewünscht. Darunter verstehe man dem Sprachsinn entsprechend, dass das eingesetzte Kapital erhalten bleibe. Aus der Natur der Aktien, die ihren Wert in voller Höhe verlieren könnten, sei nicht sichergestellt, dass die eingezahlten Beträge erhalten blieben. Ferner hätten die Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin nicht darüber aufgeklärt, dass der empfohlene Fonds nicht dem gewünschten Anlagehorizont von einem bis fünf Jahren entsprochen habe. Die Pflichtverletzung sei schuldhaft und kausal für den eingetretenen Schaden. Die Klägerin könne verlangen so gestellt zu werden, wie sie gestanden hätte, wenn die Beklagte sie zutreffend beraten hätte. Wegen der ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?