Leitsatz (amtlich)

Haben die Parteien eines Mietvertrages über Geschäftsräume eine Umsatzmiete vereinbart, ist der Mieter auch ohne konkrete vertragliche Vereinbarung verpflichtet, dem Vermieter die zur Feststellung notwendigen Auskünfte zu erteilen und ihm Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren. Dem Vermieter steht ein immanentes konkludent vereinbartes Recht zur Kontrolle der von dem Mieter angegebenen Umsatzzahlen zu.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 25.03.2011; Aktenzeichen 12 O 449/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.3.2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des LG Berlin - 12 O 449/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 31.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 25.3.2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung habe nicht vorgelegen.

Die Klägerin sei nicht gemäß Teil II Ziff. 5.1.5 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen berechtigt gewesen, von den Beklagten die Gewinn- und Verlustrechnungen für die Jahre 2007 und 2008 sowie eine aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung für das Jahr 2009 zu verlangen.

Im ersten Absatz von Teil II Ziff. 5.1.5 werde der Mieter verpflichtet, nach kaufmännischen Grundsätzen Bücher zu führen. Dies hätten die Beklagten getan.

Der zweite Absatz von Teil II Ziff. 5.1.5 sehe in Satz 1 vor, dass der Vermieter das Recht hat, für die Buchführung, den Jahresabschluss und die Kontrolle der Umsätze zusätzliche Bestimmungen zu treffen. Dieser Satz halte einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB nicht stand, da er gegen das Transparenzgebot verstoße.

Davon angesehen habe die Klägerin gar keine Bestimmung getroffen, sondern sie habe die Beklagten mit Schreiben vom 19.1.2010 aufgefordert.

In Teil II Ziff. 5.1.5 zweiter Absatz Satz 2 stehe die Verpflichtung, die Unterlagen nach Abschluss des Geschäftsjahres entsprechend den Bestimmungen des § 147 Abgabenordnung aufzubewahren. Dieser Verpflichtung seien die Beklagten nachgekommen.

In Teil II Ziff. 5.1.5. dritter Absatz Satz 1 sei geregelt, dass der Mieter dem Vermieter oder einem von dem Vermieter beauftragten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt auf Verlangen seine testierten Umsatzsteuererklärungen bzw. Umsatzsteuerbescheide vorzulegen hat.

Die Klägerin habe unstreitig zu keinem Zeitpunkt testierte Umsatzsteuererklärungen bzw. Umsatzsteuerbescheide verlangt.

Die Umsatzjahresmeldungen seien von ihr pünktlich vorgelegt worden.

Ebenso seien die monatlichen Umsatzmeldungen gemäß Teil II Ziff. 5.1.3. seit Januar 2007 pünktlich erfolgt.

In Teil II Ziff. 5.1.5. dritter Absatz Satz 2 sei geregelt, dass der Vermieter Bücher und sonstige Unterlagen des Mieters, soweit sie Umsätze betreffen, nach vorheriger Terminsabsprache selbst einsehen oder von einem von ihm beauftragten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt einsehen lassen kann.

Ein solches Einsichtsrecht habe die Klägerin gar nicht gefordert.

Davon abgesehen beschränke sich das Einsichtsrecht auf Bücher und Unterlagen, soweit sie Umsätze betreffen und erstrecke sich nicht auf sämtliche Geschäftsunterlagen. In Gewinn- und Verlustrechnungen seien nicht nur die Umsatzzahlen vermerkt.

Es werde vertraglich eine Umsatzmiete geschuldet und kein Plausibilitätsnachweis.

Die Klägerin habe keinen Anlass gehabt an der Richtigkeit der übermittelten Umsatzzahlen zu zweifeln und habe bis Januar 2010 auch nicht erkennen lassen, dass sie Zweifel habe.

Das Privatgutachten vom 30.4.2010 habe erst drei Monate nach der Aufforderung zur Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. BWA vorgelegen. Es sei nicht geeignet, testierte Jahresabschlüsse zu widerlegen. Der Gutachter räume selbst ein (Seite 24) dass er mit den Unterlagen, die er zur Verfügung gehabt habe, eine Plausibilität nicht erbringen könne.

Die Divergenzen bezüglich der Umsätze des Jahres 2008 bestünden nicht. Zwar sei zunächst irrtümlich bei den monatlichen Umsatzmeldungen des Jahres 2008 eine falsche Zuordnung im Haupt- bzw. Nebensortiment erfolgt. Die Korrektur sei jedoch erfolgt, sobald die Beklagten den Irrtum bemerkt hätten, nämlich am 22.9.2008. Diese Korrektur habe die Klägerin zum Anlass genommen eine Abmahnung auszusprechen und testierte Umsatzsteuererklärungen bzw. Umsatzsteuerbescheide zu fordern. Dieser Aufforderung seien die Beklagten mit Schreiben vom 2.10.2008 nachgekommen.

Die Kündigung vom 9.7.2010 sei nicht innerhalb angemessener Frist erfolgt.

Was die eigenen Ermittlungen der Klägerin ab 2009 angehe, so könne diese keine konkreten Tatsachen für fahrlässig oder vorsätzlich falsch gemeldete Umsatzzahlen vortragen. Das Privatgut...

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