Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers trotz objektiver Obliegenheitsverletzungen des Grundstückbesitzers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch bei einem Schadenersatzanspruch des Mieters gegen den Vermieter nach § 536a Abs. 1 BGB handelt es sich um eine Inanspruchnahme "auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen" i.S.v. § 1 der Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen (AHB), für die der Versicherer Versicherungsschutz zu gewähren hat.

2. Bei einer Haftung nach § 536a BGB besteht die Entlastungsmöglichkeit nach § 836 Abs. 1 Satz 2 BGB dahingehend, dass eine Ersatzpflicht des Grundstückbesitzers nicht eintritt, wenn er zur Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat, nicht.

3. Zur Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers trotz objektiver Obliegenheitsverletzungen des Grundstückbesitzers.

 

Normenkette

BGB §§ 536a, 836 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 26.06.2007; Aktenzeichen 7 O 470/06)

 

Tenor

Auf die - noch anhängige - Berufung der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 7 des LG Berlin vom 26.6.2007 teilweise geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.102,58 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.7.2006 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt 4.102,58 EUR.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohn- und Geschäftsgebäude mit Garage bebauten Grundstücks ... Berlin und nimmt die Beklagte aus einer auf der Grundlage der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) mit dieser abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung (Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 3.1.2007) auf Erstattung von ihr an den Mieter des Tiefgaragenstellplatzes Nr. 3 im Zusammenhang mit der Beschädigung seines Fahrzeugs geleisteten Zahlungen in Anspruch.

Wegen der Einzelheiten wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Berlin vom 26.6.2007 (Bl. 93-98 d.A.) Bezug genommen, durch das das LG die Klage auf Zahlung von 5.302,75 EUR abgewiesen hat, da die Beklagte wegen Obliegenheitsverletzungen der Klägerin leistungsfrei sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.

Nach Rücknahme der weitergehenden Berufung beantragt die Klägerin, unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.102,58 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.7.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß hiermit in Bezug genommenem Beschluss vom 22.2.2008. Wegen des Inhalts des Beweisbeschlusses und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 22.2.2008 (Bl. 165-167 d.A.) verwiesen.

Die Beiakten des LG Berlin - 19 O 85/06 - lagen zur Information des Gerichts vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

A. Die statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 511 ff. ZPO).

B. Die zulässige Berufung hat in der noch anhängigen Höhe auch in der Sache Erfolg.

I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 4.102,58 EUR aus § 1 VVG i.V.m. den Versicherungsbedingungen AHB zu.

1. Unstreitig bestand zwischen den Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles ein Versicherungsvertrag nach § 1 VVG. Die Ansprüche, deren Deckung die Klägerin von der Beklagten verlangt, sind nach § 1 AHB Gegenstand der Versicherung. Der Versicherer gewährt danach Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsnehmer u.a. wegen eines Sachschadens auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Diese Voraussetzungen sind - was erstinstanzlich außer Betracht geblieben ist - auch gegeben, wenn der Versicherungsnehmer nach § 536a Abs. 1 BGB Ersatz leisten muss, weil die vermieteten Räume zum Zeitpunkt der Überlassung an den Mieter mit einem die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebenden Mangel behaftet sind (so bereits BGHZ 43, 88-94 zu § 538 BGB a.F.). Der danach dem Mieter zustehende Ersatzanspruch beschränkt sich nicht nur auf das eigentliche Erfüllungsinteresse an dem Leistungsgegenstand - einen durch den Sachmangel nicht beeinträchtigten Gebrauch der gemieteten Räume, sondern umfasst auch die Schäden, welche der Mieter durch den Sachmangel an seinen eingebrachten Sachen, wie hier an seinem Pkw, erlitten hat (vgl. BGH, a.a.O.). Insoweit handelt es sich nicht um die bloße Erfüllung des Mie...

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