rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
gleichlautendes Urteil unter 5807/99
Leitsatz (amtlich)
Zur Zeit ist kein Raum für die Annahme, dass die Verbreitung eines Vorschaltgeräts zum Fernseher mit einer „spot-stop-Funktion” einer privaten Rundfunkveranstalterin bei der Akquisition von Werbung wesentlich die Ausübung ihrer Rundfunkfreiheit erschwert.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 15 O 130/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 28. Mai 1999 verkündete Urteil der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin geändert:
Die einstweilige Verfügung vom 11. März 1999 wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Antragstellerin betreibt einen werbefinanzierten privaten Fernsehsender.
Die Antragsgegnerin vertreibt unter der Bezeichnung „Fernsehfee” ein Vorschaltgerät zum Anschluss an Fernseher, das über eine „spot-stop-Funktion” verfügt. Diese ermöglicht ein Ausblendung von Werbung aus dem laufenden Programm, indem das Gerät für die Dauer der Ausstrahlung von Werbespots automatisch auf einen werbefreien Kanal umschaltet. Die Antragsgegnerin bewirbt ihr Produkt und ihre Dienstleistung mit der u.a. aus der Anlage Ast 1 ersichtlichen Werbung im Internet und bietet das Gerät mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 399,00 DM an. Hinzu kommen laufende monatliche Kosten für das Ausstrahlen der an das Vorschaltgerät gerichteten Befehlssignale.
Die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin hat der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 1 März 1999 in Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,
ein Vorschaltgerät zum Anschluss an TV-Geräte … anzubieten, zu vertreiben und/oder zu bewerben, soweit mit diesem Gerät Fernsehwerbung im …-Programm der Antragstellerin derart unterdrückt wird, dass das Vorschaltgerät das angeschlossene Fernsehempfangsgerät während der Übertragung von Fernsehwerbung auf dem eingestellten …-Kanal auf einen anderen zu dieser Zeit werbefreien Kanal umschaltet
und/oder
- an diese Vorschaltgeräte gerichtete Befehlssignale auszustrahlen bzw. ausstrahlen zu lassen, die bewirken, dass an das Vorschaltgerät angeschlossene Fernsehempfangsgeräte während Werbeübertragungen im …-Programm der Antragstellerin auf einen ggf. werbefreien Kanal umschalten und/oder ein entsprechende Dienstsleistung zu bewerben.
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht durch das angefochtene Urteil die einstweilige Verfügung vom 11. März 1999 bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwischen den Parteien bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Die Angebote der Parteien würde sich wechselseitig ausschließen, da die Antragstellerin den Zuschauer als Konsumenten von Werbung zu gewinnen trachte, während die Antragsgegnerin den Kundenkreis umwerbe, der sich dieser Art von Programm entziehen wolle. Der Vertrieb und die Bewerbung des Vorschaltgerätes mit der „spot-stop-Funktion” würden gegen § 1 UWG verstoßen, weil die Antragsgegner unmittelbar in das durch Art. 5 GG geschützte Recht auf Rundfunkfreiheit eingreife. Durch auf der Hand liegende Einnahmeverluste sei die Existenz der Privatsender bedroht.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, die in der Berufungsbegründung keinen Antrag angekündigt hat.
Die Antragsgegnerin rügt:
Es bestehe kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Die Antragstellerin werde an der Betätigung ihrer Rundfunkfreiheit nicht gehindert, da die allenfalls marginalen Einbußen bei den Werbeeinnahmen ihre Existenz als Fernsehanbieter nicht gefährden würden und sie sich zudem andere Einnahmequellen (z.B. Bannerwerbung, product placement, Pay-TV) erschließen könne. Ihr System ziele nicht in sittenwidriger Weise gegen die Geschäftstätigkeit der Antragsteller sondern biete eine ergebnisoffene Technik an, mittels derer die Fernsehzuschauer das Programm der Antragstellerin besser nutzen könnten. Sie genieße durch Art. 2 und Art. 14 GG Grundrechtsschutz für die Freiheit ihrer wirtschaftlichen Betätigung. Zu berücksichtigen sei auch der Grundrechtsschutz der Zuschauer nach Art. 5 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Satz 2 GG. Bei der Abwägung der Grundrechtspositionen nach dem Prinzip der praktischen Konkordanz sei der Schutz des lndividualsphäre vorrangig gegenüber dem wirtschaftlichen Gewinnstreben von Wettbewerbern. Eine Beschneidung der negativen Informationsfreiheit sei nicht zulässig. Der Bestand der Antragstellerin werde nicht grundsätzlich beeinträchtigt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 11. März 1999 sowie des Urteils vom 28. Mai 1999 den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügt zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin erwidert:
Die Berufung sei unzulässig, weil die Berufungsbegründung nicht den Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entspreche.
Zwischen den Parteien bestehe ein Wettbewerbsverhältnis. Das Angebot der...