Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 27.09.2018; Aktenzeichen 27 O 226/18)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.09.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 27 O 226/18 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist im Hinblick auf die Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein bundesweit bekannter Comedian und TV-Moderator, nimmt die Beklagte, die für Veröffentlichungen auf www...de verantwortlich ist, auf Unterlassung einer Berichterstattung vom 15.01.2018 über eine Beziehung des Klägers mit der Überschrift "...?" in Anspruch. Dem vorliegenden Hauptsacheverfahren ist das zum Az.: 27 O 65/18 geführte einstweilige Verfügungsverfahren vorausgegangen, in welchem das Landgericht dem Unterlassungsanspruch durch Beschluss vom 06.02.2018 ohne mündliche Verhandlung entsprochen hat. Das Landgericht hat die Beklagte mit seinem am 27.09.2018 verkündeten Urteil, zugestellt am 11.10.2018, auch im Klageverfahren antragsgemäß verurteilt. Im Hinblick auf das Vorbringen der Parteien in erster Instanz und der dort getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte greift das Urteil mit ihrer am 12.11.2018 eingelegten und nach gewährter Fristverlängerung bis zum 11.01.2019 am 10.01.2019 begründeten Berufung an. Sie trägt hierzu unter anderem vor:

Das Landgericht habe der Berichterstattung rechtsfehlerhaft jegliches Informationsinteresse abgesprochen. Es stelle bei der Bestimmung des objektiven Berichterstattungsinteresses darauf ab, was der Kläger und Frau ... sich subjektiv (vermeintlich) wünschen. Unter objektiven Gesichtspunkten bestehe jedoch ein ganz erhebliches Interesse an der Berichterstattung, insbesondere weil der Kläger seine Privat- und Intimsphäre seit Jahren kommerziell vermarkte und dadurch das Interesse seiner Fans an seinem Beziehungsleben erst geweckt und dann weiter gesteigert habe. Es gehe nicht um die Bekanntgabe voyeuristischer Details aus dem Beziehungsleben des Klägers, sondern um die Bekanntgabe eines zentralen biographischen Details aus seinem Leben. Das OLG München, Urteil vom 27.11.2018, 18 U 3385/17 Pre, habe im Falle eines anderen bekannten Moderators entschieden, dass es sich um die Bekanntgabe einer neuen Liebesbeziehung angesichts des hohen Bekanntheitsgrades um einen Vorgang von allgemeinem Interesse handele. Der Kläger habe auf der Plattform Instagram derzeit 855.000 Abonnenten, Frau ... immerhin noch über 100.000 Abonnenten.

Anders als in dem der Entscheidung des BGH vom 02.05.2017, VI ZR 262/16, zu Grunde liegenden Sachverhalt, bei welchem es stets um die Geheimhaltung des Privatlebens gegangen sei, habe sowohl der Kläger als auch Frau ... ihre Privat- und Intimsphäre massiv für kommerzielle Zwecke eingesetzt.

Auch wenn es zutreffe, dass eine ausdrückliche Stellungnahme des Paares fehle, so berücksichtige das Landgericht nicht hinreichend, dass der Kläger und Frau ... u.a. mit parallelen Instagram-Veröffentlichungen aus den gemeinsamen Liebes-Urlauben bewusst "angeteased" und damit selbst Gerüchte über eine Liebesbeziehung gestreut hätten.

Das Landgericht habe die umfassenden Selbstbegebungen des Klägers und von Frau ... nicht hinreichend berücksichtigt. Die enge Sichtweise, die darauf abstelle, dass sich der Kläger niemals konkret zu Frau ... bzw. zu namentlich genannten vorherigen Freundinnen geäußert habe, stehe in Widerspruch zu der Entscheidung des BGH vom 12.06.2018 - VI ZR 284/17 -, BeckRS 2018, 19228. Der Kläger habe etliche Interviews zu privat- und intimsphärenlastigen Themen im Allgemeinen und seine Beziehung zu Frauen im Speziellen gegeben und dabei explizit die Suche nach einer idealen Partnerin thematisiert. Er thematisiere in der Öffentlichkeit regelmäßig seinen Beziehungsstatus. Dabei teile er seine Einstellung zu und seine Erfahrungen mit Beziehungen zum anderen Geschlecht mit seinen Fans und der Öffentlichkeit. Es sei keineswegs so, dass eine Selbstöffnung immer nur so weit reiche wie die konkrete Äußerung des Betroffenen. Ein Prominenter habe eine Berichterstattung über ein von ihm in die Öffentlichkeit getragenes Thema in weitaus größerem Umfang hinzunehmen, als jemand, der sich zu diesem Themenbereich bislang gar nicht öffentlich geäußert habe.

Auf dem Instagram-Auftritt des Klägers befänden sich weiterhin dutzende Kommentare seiner Follower, die sich auf seine Liebesbeziehung mit Frau ... bezögen. Da der Kläger diese leicht hätte entfernen können, goutiere er offenbar eine solche Diskussion.

Der Kläger und Frau ... hätten ihre Liebesbeziehung durch die versteckten Hinweise auf Instagram zumindest konkludent bekanntgegeben. Ein solches "Anteasen" sei bei Prominenten ein beliebtes Mittel, um im Internet Aufmerksamkeit zu generieren. Es würden laufend neue "Puzzleteile" veröffentlicht, welche die Betrachter selbst zusammensetzen sollten, um das Beziehungsrätsel aufzulösen (vgl. das S...

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