Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 28.04.2015; Aktenzeichen 103 O 102/14) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen 103 des LG Berlin vom 28.4.2015 - 103 O 102/14 - wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz zu tragen.
III. Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 45.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung wegen der Unterlassung Sicherheit in Höhe von 30.000 EUR und vor der Vollstreckung wegen der Geldforderungen Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (nachfolgend: "LGU" nebst Seitenzahl des Urteilsumdrucks) mit den nachfolgenden Ergänzungen Bezug genommen.
Das in LGU 2 vorletzter Absatz angeführte Warenangebot der Beklagten (Amazon EU S.a.r.l..) ist der vom Kläger (Verband Sozialer Wettbewerb e.V.) eingereichten, achtzehnseitigen Anlage K 18 zu entnehmen, die sich wie folgt darstellt (hier nur schwarz-weiß abgelichtet, das Original ist - für den Streitfall ohne Belang - farbig):
((Abbildung))
Das in LGU 2 letzter Absatz angeführte Abmahnschreiben ergibt sich aus Anlage K 19. Der Kläger hat zuletzt beantragt, was [erstinstanzlich] erkannt wurde [s.u.].
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Neben der Rüge der fehlenden Klagebefugnis/Aktivlegitimation des Klägers (LGU 3 vorletzter Absatz) hat die Beklagte ferner (u.a.) eine missbräuchliche Geltendmachung des klägerischen Unterlassungsanspruchs reklamiert, weil der Kläger das Fehlen des hier eingeforderten Hinweises bei seinen eigenen (angeblichen) Mitgliedsunternehmen offensichtlich planmäßig dulde. Zum auf den von der Beklagten angebotenen Produkten selbst enthaltenen Hinweis (LGU 3 unten/LGU 4 oben) hat die Beklagte Produktabbildungen des Herstellers als Anlagenkonvolut B 8 überreicht, zu einer diesbezüglichen Erkennbarkeit auch in ihrem Angebot einen Ausdruck von "a.de" mit der Produktabbildung von "Söll Zierbrunnenklar" als Anlage B 9.
Das LG hat die Beklagte verurteilt,
1. es bei Meidung eines für Jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr auf dem deutschen Markt für Biozidprodukte, insbesondere für die Mittel "Söll AlgenFrei", "Söll AlgoSol forte", "Söll FadenalgenVernichter", und/oder "Söll Zierbrunnen Klar", zu werben, ohne den Hinweis "Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen" wiederzugeben, wobei statt des Wortes. Biozidprodukte" auch die genaue Bezeichnung der beworbenen Produktart verwendet werden kann, sofern dies geschieht wie in Anlage K 18 wiedergegeben.
2. an den Kläger 178,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.10.2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese form- und fristgerecht begründet.
Die Beklagte setzt sich in einzelnen Punkten mit dem angefochtenen Urteil auseinander und wiederholt, präzisiert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte beantragt, das am 28.04.2014 verkündete Urteil des LG Berlin - Az. 103 O 102/14 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie des Sitzungsprotokolls Bezug genommen.
B. Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch sonst zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Zu Recht hat das LG hinsichtlich der streitgegenständlichen Internetauftritte die geltend gemachten Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Unterlassung und Abmahnkostenerstattung bejaht. Der Senat verweist auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil und ergänzt diese im Hinblick auf die Berufungsangriffe lediglich wie folgt:
I. Zutreffend hat das LG die Prozessführungsbefugnis des Klägers als Wettbewerbsverband bejaht, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
1. Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Das Gericht ist dabei nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden. Es gilt vielmehr der Grundsatz des Freibeweises (Senat Magazindienst 2016, 631; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 8 Rn. 3.65; jeweils m.w.N.). Die Verbandsklagebefugnis muss nicht nur im Zeitpunkt der beanstandeten Wettbewerbshandlung gegeb...