Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 25.01.2005; Aktenzeichen (567) 61/55 Js 3024/97 Ns (23/03)) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. Januar 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen Untreue zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 80 Euro verurteilt. Auf seine Berufung hat ihn das Landgericht freigesprochen. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hat bereits mit der in zulässiger Form erhobenen Verfahrensrüge (vorläufig) Erfolg.
1.
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte, ein Rechtsanwalt, nach einem erfolgreich durchgeführten Rechtsstreit eine Forderung für seine Mandantin, die Zeugin Xxx, eingezogen und schuldete ihr nach Herausgabe eines Teils des empfangenen Geldes noch einen Restbetrag von 35.947,00 DM. Ihrem Verlangen vom 14. November 1995 nach Auszahlung dieses Betrages kam er nicht nach. Er "entschloss sich sofort nach Freiwerden des Geldes gegen den Herausgabeanspruch mit eigenen Honorar-, Vorschuss- und Auslagenansprüchen aufzurechnen" und "behielt die 35.947,00 DM für sich". Erst acht Monate nach dem Herausgabeverlangen erteilte er eine Gesamtgebührenabrechnung über verschiedene anwaltliche Leistungen in Höhe von 39.215,79 DM und erklärte damit die Aufrechnung gegen den der Zeugin zustehenden Restbetrag. Die Höhe der einzelnen Gebührenforderungen des Angeklagten sowie der von der Zeugin Xxx hierauf geleisteten Vorschusszahlungen ist zwischen ihnen streitig geblieben. Nach den Feststellungen des Landgerichts stand dem Angeklagten eine aufrechenbare Gesamtforderung von 35.441,97 DM - mithin ein gegenüber dem Anspruch der Zeugin um 505,03 DM geringerer Betrag - zu. Das Landgericht hat den Freispruch im Wesentlichen damit begründet, dass der Angeklagte nicht vorsätzlich in Bezug auf einen Vermögensnachteil seiner Mandantin gehandelt habe, weil er vom Bestehen eigener aufrechnungsfähiger Ansprüche mindestens in Höhe des von seiner Mandantin geforderten Betrages ausgegangen sei.
2.
Die Staatsanwaltschaft hatte für den Fall, dass das Landgericht eine bestimmte, in der Gesamtgebührenabrechnung nicht berücksichtigte Vorschusszahlung der Zeugin in Höhe von 3.000 DM für nicht erwiesen ansehen sollte, beantragt, deren Sohn als Zeugen zu vernehmen; auf eine Entscheidung über den Antrag vor Abschluss der Urteilsberatung hat sie ausdrücklich nicht verzichtet. Das Landgericht hat ausweislich der Urteilsgründe die Zahlung als nicht erwiesen angesehen. Es ist dem Beweisantrag nicht nachgegangen und hat ihn auch nicht abgelehnt. Das ist rechtsfehlerhaft. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Urteil auf der Nichterhebung des Beweises bzw. auf dem Fehlen eines begründeten Ablehnungsbeschlusses beruht.
Das Urteil war daher aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückzuverweisen.
3.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
a)
Nach ganz überwiegender Rechtsprechung (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 54; wistra 1988, 191 f; BGHSt 15, 342, 344; RGSt 73, 283, 284 f; OLG Karlsruhe NStZ 1990, 82, 83), der der Senat folgt, macht sich ein Rechtsanwalt, der Gelder für einen Mandanten in Empfang nimmt und nicht einem Anderkonto zuführt, sondern anderweitig verwendet, grundsätzlich wegen Untreue (Treubruchtatbestand) strafbar, weil jeder Verstoß gegen das zivilrechtliche Gebot auf Auskehrung des empfangenen Geldes (§§ 667, 675 BGB) zugleich einen Verstoß gegen die aus dem Anwaltsvertrag resultierende Treuepflicht im Sinne des § 266 StGB bedeutet. Ein solches Verhalten stellt nur dann keinen Verstoß gegen die Treuepflicht dar und führt nur dann nicht zu einem Nachteil i.S. des § 266 StGB, wenn der Anwalt uneingeschränkt bereit und jederzeit fähig ist, einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren. Von dieser Rechtsprechung abweichend soll zwar nach der Entscheidung des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 30. Oktober 1985 (NStZ 1986, 361; kritisch OLG Karlsruhe NStZ 1990, 82, 83 f) der Verstoß eines Rechtsanwalts gegen seine Verpflichtung, für einen Mandanten empfangenes Geld rechtzeitig herauszugeben, nur als zivilrechtlicher Vertragsbruch und nicht als Verletzung einer spezifischen Untreuepflicht im Sinne des § 266 StGB zu qualifizieren sein. Auch nach dieser Entscheidung hätte sich der Angeklagte jedoch wegen Untreue strafbar gemacht, wenn er das Mandantengeld "angegriffen oder dessen Bestand im Tatzeitraum konkret gefährdet hätte" (vgl. BGH a.a.O.).
Das Landgericht hat keine näheren Feststellungen über den Verbleib des einbehaltenen Geldes und die finanzielle Situation des Angeklagten im Tatzeitraum getroffen. Ungeklärt ist daher, ob de...