Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 09.06.2020; Aktenzeichen 27 O 620/19) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 09.06.2020 - 27 O 620/19 - insoweit abgeändert und die Klage abgewiesen, als die Beklagte zu 1) zur Zahlung eines 876,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.11.2019 übersteigenden Betrages und die Beklagte zu 2) eines 590,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.11.2019 übersteigenden Betrages an die Klägerin verurteilt worden sind.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Beklagte zu 1) zu 62,5 % und die Beklagte zu 2) zu 37,5 %.
3. Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, die Ehefrau des bekannten Fernsehmoderators und -entertainers ..., nimmt die Beklagten auf Unterlassung von Wort- und Bildveröffentlichungen in Anspruch, die in der von der Beklagten zu 2) verlegten Zeitschrift "...", Heft Nr. ... vom ... und in der von der Beklagten zu 1) verlegten Zeitschrift "...", Heft Nr. ... vom ... abgedruckt sind. Die Beklagte zu 1) veröffentlichte auf der Titelseite unter der Überschrift "..." ein Foto, das die Klägerin und ihren Ehemann nebeneinander auf der Straße gehend zeigt. Im Innenteil ist dieses Bild vergrößert; streitgegenständlich sind daneben ein Foto, dass die gestikulierende Klägerin und ihren Ehemann an einem Auto zeigt sowie eine Abbildung des Wohnhauses des Klägers in .... Der Artikel befasst sich anlässlich des Umzugs des Klägers und seiner Frau nach ... thematisch mit einer Ehekrise, für die die Fotos - hinsichtlich deren Beschreibung die Unterlassung der Wortberichterstattung verlangt wird - als Beleg angeführt werden. Die Beklagte zu 2) veröffentlichte unter der Überschrift "..." ein Bild, das die Klägerin und ihren Ehemann Hand in Hand bei einem Stadtbummel zeigt sowie eine Außenansicht des Wohnhauses. Der Beitrag der Beklagten zu 2) thematisiert die Aufgabe des Wohnsitzes des Paares in ... und den Umzug nach .... Daneben verlangt die Klägerin die Unterlassung des Begriffs "...". Von beiden Beklagten begehrt die Klägerin zudem die Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten: von der Beklagten zu 1) in Höhe von 1.580,86 EUR und von der Beklagte zu 2) in Höhe von 1.449,36 EUR jeweils nebst Zinsen.
Das Landgericht hat den Unterlassungsanträgen im vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren bezüglich der Unterlassungsansprüche (LG Berlin, 27 O 455/19) ebenso wie in der vorliegenden Klage vollumfänglich entsprochen und die Klage allein wegen eines Teils der vorgerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil wird Bezug genommen.
Die Beklagten haben gegen das ihnen am 25.06.2020 zugestellte Urteil am 29.06.2020 Berufung eingelegt und diese am 12.08.2020 begründet. Sie tragen hierzu im Wesentlichen vor:
Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch nicht zu. Ungeachtet einer Einwilligung jedenfalls in die kontextgerechte Veröffentlichung handele es sich bei den drei Personenbildnissen um solche aus dem Bereich der Zeitgeschichte.
Der Ehemann der Klägerin erfülle als Person des öffentlichen Lebens gegenüber seinen Anhängern eine Leitbild- und Kontrastfunktion. Die Beiträge lieferten einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion und Meinungsbildung zum Aufstieg des Ehemannes der Klägerin als Immobilienmillionär, zu seiner Heimatverbundenheit und zu den mit der Umsiedlung einhergehenden ehelichen Konflikten. Im Rahmen der Abwägung habe der Schutz der Privatsphäre zurückzutreten, da sich der Ehemann der Klägerin und auch sie selbst damit einverstanden gezeigt hätten, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden. Der Ehemann der Klägerin habe dies hinsichtlich der streitgegenständlichen Themen zielgerichtet getan, indem er in TV-Auftritten und weiteren Interviews sowie Autobiografien sein Privatleben in erheblichem Maße offengelegt habe. Mit welcher "Intensität der Selbstbegebung" der Ehemann der Klägerin dabei vorgegangen sei, hätten sie, die Beklagten, umfänglich belegt.
Wegen des aufgrund der Selbstöffnung überwiegenden Informationsinteresses seien auch die als Illustration und Beleg fungierenden Bilder nicht geeignet, das Persönlichkeitsrecht der Klägerin zu verletzen. Den Abbildungen sei kein eigenständiger Verletzungseffekt zu entnehmen. Dass die Aufnahmen etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder durch einen Einsatz ihr gleichkommender technischer Mittel zustande gekommen und deshalb unzulässig seien, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Umstand, dass ein Betroffener die Anfertigung von Aufnahmen möglicherweise nicht bemerke, begründe für sich genommen keine "Heimlichkeit" (BGH, ZUM-RD 2014, 482). Bei einem Spaziergang in einer belebten ...