Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 28 O 112/18)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 1. November 2019 - 28 O 112/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil des Senats und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren Entschädigung wegen einer Verletzung von Art. 4 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 3 und 4 des Vertrags zwischen der Beklagten und dem Königreich xx über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen. Sie leiten ihren Anspruch aus der Auffassung ab, dass deutsche Gerichte einen Schiedsspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt hätten, mit dem das Königreich xx zur Zahlung von 29.210.000 Euro verurteilt worden war, obwohl die Kläger mit dem dieses Schiedsverfahren einleitenden Kläger - dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der xx-AG - vertraglich vereinbart hätten, dass dieser die Schiedsklage zurücknehme.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 1. November 2019 zum Aktenzeichen 28 O 112/18 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 100.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juni 2017 zu zahlen,

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch gegen die Kläger auf Zahlung von Gerichtskosten für die Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof, Az. I ZR 154/18 und Az. IX ZR 169/19, hat und

die Beklagte zu verurteilen, sie freizustellen von

  • dem Kostenerstattungsanspruch des Werner Schneider als Insolvenzverwalter der Walter Bau-AG gemäß dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Augsburg vom 27. September 2019 zum Az. 23 O 720/15 in Höhe von 29.237,22 Euro nebst Zinsen sowie
  • der Forderung des xxx auf Gerichtskosten für das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht München zum Az. 30 U 2343/17, in Höhe von 21.349,00 Euro und
  • den Kostenerstattungsforderungen des xxx gemäß den Kostenfestsetzungsanträgen vom 9. April 2019 und 16. November 2020 im Verfahren beim Landgericht Augsburg zum Az. 111 O 1764/17 in Höhe von 21.290,05 Euro

und die Beklagte zu verurteilen,

an das Königreich xx 100.000,00 Euro zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Parteien haben sich mit Schriftsätzen vom 11. Januar 2021 mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Der Senat hat mit Beschluss vom 12. Januar 2021 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet sowie beschlossen, dass Schriftsätze, welche bis zum 18. Januar 2021 bei Gericht eingehen, bei der Entscheidung berücksichtigt werden.

II. Die zulässige Berufung der Kläger hat keinen Erfolg. Die Klage ist weder mit ihrem Hauptantrag noch ihrem Hilfsantrag begründet.

Unbeschadet der Frage, ob Art. 4 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 3 und 4 des Vertrags zwischen der Beklagten und dem Königreich xxx über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (BGBl. 2004 II S. 49, im Folgenden Investitionsschutzvertrag - ISV) überhaupt eine taugliche Anspruchsgrundlage darstellen, auf die sich die Kläger als natürliche Personen berufen können, sind diese Normen - wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht anwendbar.

Sowohl Art. 4 Abs. 2 als auch Art. 2 Abs. 3 und 4 ISV setzen eine "Kapitalanlage" von Investoren einer Vertragspartei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei voraus. An einer derartigen Kapitalanlage fehlt es vorliegend. Der von den Klägern in Bezug genommene vermeintliche Anspruch gegen den Insolvenzverwalter xxx auf Rücknahme seiner Schiedsklage gegen das Königreich xxx stellt keine Kapitalanlage im Sinne des Investitionsschutzvertrages in Deutschland dar.

Der Begriff "Kapitalanlagen" umfasst nach der Legaldefinition in Art. 1 Nr. 1 ISV Vermögenswerte jeder Art, insbesondere, aber nicht ausschließlich ... c) Ansprüche auf Geld, das verwendet wurde, um einen wirtschaftlichen Wert zu schaffen, oder Ansprüche auf Leistungen, die einen wirtschaftlichen Wert haben. Trotz des weiten Wortlauts umfasst der Begriff der "Kapitalanlage" nicht jeden wirtschaftlichen Wert. Vielmehr führt, worauf das Landgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, Art. 1 Nr. 1 Satz 1 ISV lediglich die Vermögenswerte weiter an, die Gegenstand einer Kapitalanlage sein können. Für die Annahme einer "Kapitalanlage" im Sinne des Investitionsschutzvertrages muss eine Investition im Sinne einer längerfristigen wirtschaftlichen Betätigung hinzukommen (s. Kläger, Schwerpunktbereich - Einführung in das internationale Enteignungs- und Investitionsrecht, JuS 2008, 969 ≪972≫; Schäfer, Einführung in das internationale Investitionsschutz...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge