Leitsatz (amtlich)

1. Übergibt der Mieter dem Vermieter einen Scheck über den Betrag einer Monatsmiete, der auf einen Tag kurz vor dem Fälligkeitszeitpunkt einer Monatsmiete (rück-) datiert ist, liegt darin die stillschweigende Bestimmung, dass die kurz nach dem angegebenen Ausstellungsdatum fällig werdende bzw. fällig gewordene Miete getilgt werden soll.

2. Neue Verteidigungsmittel des Berufungsklägers, die erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist und nach der Übertragung auf den entscheidenden Einzelrichter vorgebracht werden, können gem. §§ 530, 296 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden, wenn die Sache ohne Berücksichtigung dieser Verteidigungsmittel entscheidungsreif ist und der Einzelrichter bei Zulassung dieser Verteidigungsmittel den Rechtsstreit dem gesamten Spruchkörper gem. § 526 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zur Entscheidung über die Rückübernahme vorlegen müsste."

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 29.05.2009; Aktenzeichen 32 O 459/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.5.2009 verkündete Urteil des LG Berlin zu 32 O 459/08 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.094,14 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 9.047,07 EUR seit dem 5.8.2008 und dem 5.2.2009 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 9.047,07 EUR

vom 5.5.2008 bis zum 2.6.2008,

vom 5.6.2008 bis zum 21.7.2008,

vom 4.7.2008 bis zum 1.9.2008,

vom 4.9.2008 bis zum 2.10.2008,

vom 4.12.2008 bis zum 10.4.2009 und

vom 5.3.2009 bis zum 27.5.2009

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin 72 % und die Beklagte 28 % zu tragen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz haben die Klägerin 71 % und die Beklagte 29 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Miete für Gewerberäume im T.-C. in Berlin sowie Verzugszinsen wegen der Miete für Mai 2008 und vorgerichtliche Mahnkosten. Mit dem am 29.5.2009 verkündeten Urteil, auf das insbesondere wegen der tatsächlichen Feststellungen verwiesen wird, hat das LG die Beklagte zur Zahlung von 63.329,49 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 9.047,07 EUR seit dem 4.6., 3.7., 5.8., 3.9. und 3.12.2008, 5.2. und 5.3.2009 sowie von vorgerichtlichen Mahnkosten (20 EUR) verurteilt, die Klage im Übrigen abgewiesen und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Das Urteil ist der Beklagten am 15.6.2009 zugestellt worden. Hiergegen hat sie am 22.6.2009 Berufung eingelegt und die Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat am 8.9.2009 begründet.

Die tatsächlichen Feststellungen des LG werden wie folgt ergänzt:

Die Beklagte übergab der Klägerin folgende Verrechnungsschecks jeweils über 9.047,07 EUR:

Ausstellungsdatum

Übergabetag

31.12.2007

13.1.2008

30.1.2008

24.2.2008

30.3.2008

10.4.2008

28.4.2008

2.6.2008

30.5.2008

21.7.2008

30.6.2008

1.9.2008

30.8.2008

2.10.2008

30.9.2008

5.11.2008

30.10.2008

30.12.2008

1.12.2008

10.4.2009

1.1.2009

21.5.2009

1.3.2009

27.5.2009

Die Bürgschaften vom 22.8.1996 über 900 DM und 2.748 DM wurden am 26.11.2009 herausgegeben. Die Beklagte stützt hierauf kein Zurückbehaltungsrecht mehr.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Die Mietforderungen für Mai bis Oktober 2008 seien wie folgt getilgt worden:

Monat

Datum des Schecks

Mai 2008

28.4.2008

Juni 2008

30.5.2008

Juli 2008

30.6.2008

August 2008

30.8.2008

September 2008

30.9.2008

Oktober 2008

30.10.2008

Hierfür sei die nachträgliche Tilgungsbestimmung der Beklagten in der Klageerwiderung maßgeblich, da sie unverzüglich nach Aufdeckung des Zuordnungsproblems erfolgt sei. Jedenfalls lägen konkludente oder stillschweigende Tilgungsbestimmungen bei Übergabe der Schecks vor, da im Falle einer Mietzahlung regelmäßig davon auszugehen sei, dass die laufende und zuletzt fällige Miete getilgt werden solle.

Gegen die Mietforderungen für Dezember 2008, Februar 2009 und März 2009 stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht zu wegen der Bürgschaften vom 22.8.1996 über 29.160 DM und vom 2.3.2001 über 43.620 DM. Die Klage sei deshalb abzuweisen.

Die Rückgabe der Bürgschaft über 29.160 DM sei schon erstinstanzlich streitig gewesen. Der Klägerin stehe aus dem Mietverhältnis nach ihrem eigenen Vortrag eine Kaution i.H.v. nicht mehr als 22.807,74 EUR zu. Die Bürgschaften vom 22.8.1996 beträfen alte Vertragsverhältnisse, die sich mit dem Generalvergleich vom 8./13.8.2007 erl...

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