Leitsatz (amtlich)

Wird ein notariell beurkundeter Vertrag unter Mitwirkung einer entspr. bevollmächtigten Notariatsangestellten geändert oder ergänzt, ist bei der Auslegung zum Zweck der Ermittlung des geänderten Vertragsinhaltes auf die Kenntnis und das Verständnis des Vertretenen – nicht der Angestellten – abzustellen.

 

Normenkette

BGB § 166

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 9 O 533/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.02.2005; Aktenzeichen IX ZR 100/03)

 

Tatbestand

Mit notariellem Kaufvertrag vom 20.12.1993 veräußerte die Stadt Br. verschiedene im Grundbuch von Br., Flur 3, eingetragene Flurstücke, u.a. das 29.690 qm große Flurstück 130/6 an die M. Unter VI. 3. b) ermächtigte die Stadt Br. die Erwerberin, die Grundstücke bis zu einer Höhe von 70 Mio. DM mit Grundpfandrechten zu belasten. Die Parteien des Kaufvertrages bevollmächtigten die Notariatsangestellte E. unter Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB, die Belastungen vorzunehmen.

Am 21.12.1993 bewilligte die Klägerin der M. zur Finanzierung des Kaufpreises einen Kredit i.H.v. 50 Mio. DM.

Nachdem sich herausgestellt hatte, dass Teile der veräußerten Grundstücke im Zuge von Erschließungsmaßnahmen für öffentliches Straßenland benötigt wurden, schlossen die Stadt Br. und die M. am 22.7.1994 einen Änderungsvertrag, in dem es zu I.2.) heißt:

„Die Kaufvertragsparteien heben hiermit den vorgenannten Vertrag bezüglich folgender Grundstücksflächen auf:

…. sowie aus dem Flurstück 130/6 eine noch zu vermessende Teilfläche von insgesamt ca. 250 qm, die in der als Anlage zu diesem Vertrag genommenen Skizze durch die Eckpunkte A, B, C, D, A gekennzeichnet ist.”

Mit notarieller Urkunde vom 11.8.1994 erklärte die Notariatsangestellte E. für die M., „diese handelnd im eigenen Namen und zugleich für den jeweils noch einzutragenden Eigentümer” unter Bezugnahme auf die ihr erteilten Vollmachten:

„Für die von mir Vertretenen wird nachfolgende Buchgrundschuld bestellt.

I. Belastungsgegenstand dieser Buchgrundschuld sind folgende Flurstücke bzw. unvermessene Teilflächen gem. den Kaufverträgen des amtierenden Notars:

Gemarkung Br., Flur 3,

a) vermessene Flurstücke:

b) unvermessene Flurstücke:

130/6 (Teilfläche von ca. 250 qm)

…”

Ferner erklärte die Notariatsangestellte E., dass „an dem vorstehend näher bezeichneten Grundbesitz” zugunsten der Klägerin eine Gesamtgrundschuld ohne Brief i.H.v. 50 Mio. DM bestellt und deren Eintragung bewilligt werde; zu Lasten des „vorstehend bezeichneten Grundbesitzes” wurde zugleich die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung der Rechte aus der Buchgrundschuld beantragt und bewilligt.

Die Vormerkung wurde am 30.12.1998 in das Grundbuch eingetragen.

Die Parteien streiten unter anderem um die Wirksamkeit der Grundschuldvormerkung.

 

Entscheidungsgründe

1. Voraussetzungen der Grundschuldvormerkung

Für diese wie für alle Arten einer Vormerkung gilt, dass sie die Verwirklichung eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Änderung eines Grundstücksrechtes sichern soll. Es muss also ein vormerkbarer Anspruch bestehen, wobei es genügt, dass es sich um einen bedingten oder künftigen Anspruch handelt. Der durch die Vormerkung in seinem Eigentum oder anderen Grundstücksrecht Betroffene muss die Vormerkung bewilligen, § 885 Abs. 1 BGB. Die einseitige Bewilligung tritt insoweit an die Stelle einer Einigung gem. § 873 BGB. Die Vormerkung selbst entsteht erst mit der Eintragung, diese ist konstitutiv (Westermann, Sachenrecht, 7. Aufl., § 83 Abs. 2).

Am schuldrechtlichen Anspruch auf Einräumung einer Grundschuld besteht kein Zweifel. Die Klägerin hatte eine erstrangige Grundschuld als Sicherheit in ihrem Angebot zum Abschluss eines Darlehensvertrages gefordert (vgl. S. 3 des Schreibens vom 20.12.1993 = Anl. K 1). Dass der Darlehensvertrag mit anderen Konditionen abgeschlossen worden sein soll, behauptet niemand. Ebenso ist unstreitig, dass die Klägerin der M. ein Darlehen über 50.000.000 DM gewährt hat.

Streitig zwischen den Parteien ist, ob eine wirksame Bewilligung einer Vormerkung vorliegt. Dies ist nach Auffassung des Senates der Fall. Alle Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass diese nur in der Urkunde des Notars K. vom 11.8.1994, UR-Nr. K 451/1994, enthalten sein kann. Darin hat die Notariatsangestellte E. als Vertreterin der Gemeinschuldnerin und der Stadt Br. die Bestellung einer Buchgrundschuld und die Bewilligung einer Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung der Rechte zugunsten der Klägerin für im Einzelnen bezeichnete Grundstücke bzw. unvermessene Teilflächen erklärt, wobei die hier maßgebliche Fläche wie folgt bezeichnet wurde:

b) unvermessene Flurstücke

130/6 (Teilfläche von ca. 250 qm) 2322

Es handelt sich insoweit erkennbar um eine Falschbezeichnung, denn die von der Notariatsangestellten E. Vertretenen wollten eine Finanzierungsgrundschuld an dem Kaufgegenstand bestellen. Die M. war aus dem Darlehensvertrag verpflichtet, eine Grundschuld an dem Betriebsobjekt zur Verfügung zu stellen. Auch die Stadt Br. als „Nocheigentümerin” wollte lediglich an dem z...

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