Leitsatz (amtlich)

1. Schließt der Betreiber eines Online-Presseportals im Rahmen des Betriebs seiner Webseite eine Vereinbarung mit einem Suchmaschinenbetreiber (hier: Google) für die Einbindung der Suchmaschinentechnik in die eigene Suchfunktion, so haftet er für fortdauernde Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die dadurch begründet sind, dass zwar der zugrunde liegende Inhalt vom Betreiber selbst gelöscht wurde, ein diesen Inhalt enthaltener Treffer jedoch aufgrund einer technisch bedingten Verzögerung bei der Löschung weiterhin über die eigene Suchfunktion der Betreiberwebseite in der Trefferliste angezeigt wird.

2. Der Betreiber kann sich bei einer mehrtägigen Fortdauer einer solchen Beeinträchtigung nicht darauf berufen, der von ihm eingebundene Suchmaschinenbetreiber sehe lediglich standardisierte Abläufe im Internet zur dauerhaften Löschung gespeicherter Inhalte vor. Er hat vielmehr durch entsprechende technische und organisatorische Vorkehrungen für eine effektive Löschung etwaiger rechtswidriger Inhalte in dem Portal des Betreibers Sorge zu tragen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 13.01.2009; Aktenzeichen 27 O 927/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Berlin vom 13.1.2009 (Az. 27 O 927/08) unter Abweisung der weitergehenden Berufung dahingehend teilweise abgeändert, dass die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt wird, an die Klägerin 2.000,- EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 07.6.2008 zu zahlen und die Klägerin von der Inanspruchnahme durch die Rechtsanwälte E., Dr. K. und Dr. S. auf Zahlung von Anwaltshonoraren i.H.v. 698,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 23.9.2008 freizustellen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Berufung haben die Klägerin 84 % und die Beklagte 16 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner, die Beklagte jedoch nur hinsichtlich eines den anerkannten Betrag von 195,52 EUR übersteigenden Betrages, kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht einen Vertragsstrafenanspruch sowie einen äußerungsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend und begehrt Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten.

Am 20.5.2008 bot die Beklagte auf dem von ihr betriebenen Onlineportal "b.de" einen sachlich unwahren Artikel mit der Überschrift "Ich suche einen Mann" über die Klägerin an. Die Suchmaschinentechnik auf der Webseite der Beklagten erfolgte auf der Basis eines mit Google Ireland Limited geschlossenen Nutzungsvertrages. Der Nutzer des Portals hatte hierbei vor der zwischenzeitlich erfolgten Änderung der Suchfunktion auf der Seite "b.de" der Beklagten den Suchbegriff in ein dafür vorgesehenes Feld einzutragen und klickte die Beschränkung des Suchbereichs "auf b.de" an. Nachfolgend zeigte die Beklagte die automatisch generierten Suchergebnisse in einer mit "gefunden auf b.de" überschriebenen Trefferliste an, wobei der Nutzer weiterhin im Bereich der Webseite "b.de" verblieb.

Die Beklagte gab am 21.5.2008 eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafenabrede ab. Die von dieser Verpflichtung erfasste Überschrift fand sich in der Folgezeit bis zum 29.5.2008 bei einer Eingabe des Namens der Klägerin "M.B." als Suchbegriff weiterhin in der Trefferliste ("gefunden auf b.de") auf der Website der Beklagten. Der Link ("M.B.: Ich suche einen Mann - B. - B.de. Sie ist die Schwester von TV-Star B.B. In B. verrät die schöne Chansonssängerin: "Ich bin reif für eine neue Beziehung") aus diesem Snippet der Trefferliste führte auf eine nun leere Seite.

Am 27.5.2008 erwirkte die Klägerin im Hinblick auf den beanstandeten Eintrag in der Trefferliste eine einstweilige Verfügung des LG Berlin mit dem Inhalt des Klageantrags zu 1. im hiesigen Hauptsacheverfahren und forderte die Klägerin zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 2.000 Euro auf. Am 27.6.2008 forderte sie die Beklagte zur Abgabe der Abschlusserklärung hinsichtlich der einstweiligen Verfügung vom 27.5.2006 auf.

Die Beklagte behauptet, sie habe den Inhalt des Artikels umgehend am 21.5.2008 gelöscht und darüber hinaus sämtliche von "google" im Internet vorgesehenen Löschungsmaßnahmen ergriffen, nämlich sowohl die eigene Löschung des Inhalts der Webseite, als auch den Einsatz einer sog. "robot. txt.-Datei" als Anweisung an die google-Suchmaschine zur Löschung der Seite, sowie schließlich ein via Internet an google übersandter Antrag auf Entfernung der Inhalte aus dem Suchmaschinenindex. Der vorübergehende Fortbestand rechtswidriger "Treffer" sei unvermeidbar, weil die technische Umsetzung der Löschung durch das automatisierte Vorgehen bei "goog...

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