Leitsatz (amtlich)
Der Haftungsmaßstab des § 675 v. BGB n.F. (Umsetzung der sog. SEPA Richtlinie) ist auf Zahlungsvorgänge vor dem 31.10.2009 auch nicht im Wege richtlinienkonformer Auslegung anwendbar.
In der Verwendung eines herkömmlichen TAN Systems durch die Bank kann zumindest dann eine Sorgfaltspflichtverletzung gesehen werden, wenn dieses System bei der Mehrzahl der Kreditinstitute nicht mehr im Einsatz ist und hinter dem Sicherheitsstandard des neueren Systems zurückbleibt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 11.08.2009; Aktenzeichen 37 O 4/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.8.2009 verkündete Urteil des LG Berlin - 37 O 4/09 - wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 10.150,- Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2008 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin zu 30 % und die Beklagte zu 70 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht Ansprüche ggü. der Beklagten auf Rückzahlung eines auf ein fremdes Konto überwiesenen Geldbetrages geltend,
Die Klägerin wurde Opfer einer sog. Phishing - Attacke als sie an ihrem PC Überweisungen im Wege des Onlinebankings vornehmen wollte.
Nach Eingabe ihrer PIN öffnete sich auf der Internetseite der Beklagten ein weiteres Fenster - das äußerlich der Internetseite der Beklagten entsprach -, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass die Anmeldung fehlgeschlagen sei.
Es folgte die Aufforderung, zum Login vier noch unverbrauchte Transaktionsnummer (TAN) einzugeben. Dem kam die Klägerin nach.
Am nächsten Tag wurden von dem Konto der Klägerin Überweisungen an ihr unbekannte Personen in einer Gesamthöhe von 14.500 EUR vorgenommen.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 13.050,- Euro zugesprochen und im Übrigen mit der Begründung abgewiesen, dass die Beklagte dem Anspruch der Klägerin zwar grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch entgegenhalten könne, da die Klägerin den Tätern fahrlässig den Zugriff auf ihre geheimen Daten ermöglicht habe. Dieser Anspruch sei jedoch um 90 % zu kürzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das der Klägerin am 18.8.2009 zugestellte Urteil hat diese mit am 16.9.2009 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 11.11.2009 begründet.
Die Beklagte, der das Urteil am 14.8.2009 zugestellt worden ist, hat gegen dieses ebenfalls Berufung eingelegt, welche am 7.9.2009 beim Berufungsgericht eingegangen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 16.11.2009 begründet worden ist.
Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung ihren erstinstanzlichen Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus erster Instanz und ist der Auffassung, dass sie dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin einen ungekürzten Schadensersatzanspruch entgegenhalten könne.
Nach Ansicht der Beklagten sei ihr kein Mitverschulden anzulasten; vielmehr habe allein das Verhalten der Klägerin zu dem Schaden geführt.
Es bestehe ein Anscheinsbeweis für die Tatsache, dass der Computer der Klägerin nicht mit einem aktuellen Virenschutzprogramm ausgerüstet gewesen sei. Ein solches hätte die Phishing - Attacke jedoch verhindert. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin einen Hinweis der Beklagten auf ihrer Internetseite nicht beachtet habe, in welchem ausdrücklich vor Angriffen dieser Art gewarnt worden sei.
Die Beklagte ist der Meinung, die Angabe von vier TAN Nummern sei als grob fahrlässig zu betrachten.
Die Beklagte beantragt, das am 11.8.2009 verkündete Urteil des LG Berlin - 37 O 4/09 - abzuändern und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, soweit der Klage vom 24.12.2008 hinsichtlich des Klageantrages zu 1) nicht stattgegeben wurde, das Urteil des LG Berlin abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.450 EUR zu zahlen zzgl. Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 14.500 EUR seit dem 25.11.2008.
Soweit der Klage vom 24.12.2008 hinsichtlich des Klageantrages zu 2) nicht stattgegeben wurde, das Urteil des LG Berlin abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.303,53 EUR seit dem 25.11.2008 zu zahlen.
Die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung den ursprünglichen Antrag auf Verurteilung der Beklagten zu Zahlung des gesamten Betrages weiter.
Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus erster Instanz und führt ergänzend au...