Entscheidungsstichwort (Thema)

Angabe eines prospektierten Mietpoolergebnisses in einem persönlichen Berechnungsbeispiel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Angabe eines prospektierten Mietpoolergebnisses in einem persönlichen Berechnungsbeispiel, das der Vermittler im Rahmen der Beratung zum Ankauf einer vermieteten Eigentumswohnung erstellt, kann zu einer Haftung der finanzierenden Bausparkasse und der mit ihr zusammenwirkenden Bank aus eigenem Verschulden bei Vertragsschluss aufgrund eines Wissensvorsprungs führen, wenn die Angabe objektiv grob falsch ist und im Rahmen des institutionalisierten Zusammenwirkens die Bausparkasse bzw. Bank sich die arglistige Täuschung des Vermittlers zurechnen lassen muss.

2. Für einen am 1.1.2002 nicht verjährten Anspruch, dessen Verjährungsfrist nach neuem Recht kürzer ist als nach altem Recht, ist gem. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB die 3-Jahresfrist des § 195 BGB n.F. in Anwendung des § 199 BGB n.F. einschließlich dessen subjektiven Voraussetzungen zu berechnen (Anschluss an die herrschende Meinung; Ablehnung der sog. "Stichtagsregelung").

3. Ein Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges ist im Regelfall nur ohne zeitliche Bestimmung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

 

Normenkette

BGB n.F. §§ 195, 199; BGB § 280; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 17.08.2005; Aktenzeichen 22 O 116/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 17.8.2005 verkündete Urteil des LG Berlin - 22 O 116/05 - teilweise geändert:

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, den Kläger von den bestehenden Darlehensrückzahlungs- und Zinszahlungsverpflichtungen aus dem zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) bestehenden Vorausdarlehensvertrag vom 1./27.9.1995, Kontonummer: 2797977702, freizustellen, Zug um Zug gegen Auflassung eines Miteigentumsanteils von 3,206/1.000 an dem Grundstück Gemarkung S., Flur ..., Flurstück ..., Gebäude und Freiflächen, zur Größe von insgesamt 20.675 m2 verbunden mit dem Sondereigentum der Wohnung im Erdgeschoss mit einem Kellerraum, Aufteilungsplan Nr. 21, eingetragen im Wohnungsgrundbuch des AG Sch. Blatt 7021 sowie die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Annahme des Übereignungsanspruches in Verzug befindet.

3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, das Bausparguthaben des Klägers nebst Zinsen aus dem Bausparvertrag Nr. 2797977702 abzurechnen. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den sich nach der Abrechnung ergebenden Betrag an den Kläger auszuzahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten dem Kläger gesamtschuldnerisch den gesamten Schaden und alle Kosten zu ersetzen haben, die durch die Abwicklung des Darlehensvertrages und Übereignung der oben bezeichneten Eigentumswohnung entstehen.

II. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

III. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben hinsichtlich der Gerichtskosten der Kläger 37,5 %, die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen 5 % und die Beklagte zu 1) weitere 57,5 %, hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Klägers die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen 5 % und die Beklagte zu 1) weitere 57,5 %, hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) der Kläger 37,5 %, hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2, der Kläger 95 %, zu tragen.

Im Übrigen trägt jede Partei die ihr entstandenen Kosten selbst.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die jeweils gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, wenn nicht zuvor die vollstreckende Partei Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagten (die Beklagte zu 1) als finanzierende Bausparkasse und die Beklagte zu 2) als vorfinanzierende Bank) auf Rückabwicklung des Erwerbs einer Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 28,47 m2 in Sch. im Jahr 1995 in Anspruch. Er begehrt vorrangig die Rückzahlung seiner erbrachten Aufwendungen sowie die Freistellung für die Zukunft - Zug um Zug gegen Rückübertragung des Miteigentumsanteils - und die Abrechnung des Bausparvertrages. Hilfsweise macht er einen Finanzierungs-Schaden aus einem Vergleich mit einem Annuitätendarlehen geltend, beziehungsweise die Verurteilung zu einer Neuberechnung des Jahreszinses auf der Grundlage des gesetzlichen Zinssatzes.

Nach mehreren Gesprächen mit der Vermittlerin L.K., einer Mitarbeiterin der I. Immobilien H. & B. GmbH, unterzeichnete der Kläger am 11.8.1995 u.a. einen Besuchsbericht, der handschriftlich ausgefüllt wurde. Unter der Überschrift "Monatliche Abbuchungsbeträge:" wurde in der Zeile "Mietüberweisung von H. an B.-Bank" die Eintragung "325 DM" und in der Zeile "Abbuchungsbetrag H. für Verw. + Instandhaltungsrücklage" die Eintragung "79 DM" vorgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage D 3 (= A...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?