Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 15.01.2003; Aktenzeichen 202 C 554/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.1.2003 verkündete Urteil der Zivilprozessabteilung 202 des AG Charlottenburg abgeändert:

Die Beklagten werden verurteilt, einer Erhöhung der Bruttokaltmiete für die Wohnung am .... von gegenwärtig 540,39 Euro brutto/kalt um 32,59 Euro auf 572,98 Euro brutto/kalt mit Wirkung ab dem 1.9.2002 zuzustimmen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen die Kläger zu 7/10 und die Beklagten zu 3/10. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Das Mieterhöhungsverlangen der Kläger ist gem. § 558 BGB nur insoweit gerechtfertigt, als eine Erhöhung der Bruttokaltmiete von gegenwärtig 540,39 Euro brutto/kalt um 32,59 Euro auf 572,98 Euro brutto/kalt verlangt wird. Das darüber hinausgehende Erhöhungsverlangen der Kläger ist unbegründet.

Der Senat geht davon aus, dass der ortsübliche Mietzins für die Wohnung der Beklagten nach dem gem. Mietspiegelfeld L2 des Berliner Mietspiegels 2000 zu ermittelnden Mittelwert von 4,14 Euro zzgl. eines Zuschlags für die kalten Betriebskosten i.H.v. 1,16 Euro je qm, also insgesamt 5,30 Euro je qm beträgt.

Das AG hat in dem angefochtenen Urteil zu Unrecht wohnwerterhöhende Merkmale der Merkmalgruppe 2 wegen des in der Wohnung der Beklagten vorhandenen Gasherdes mit vier Brennstellen und Backofen bejaht. Bereits nach dem Wortlaut ist ein "4-Platten-Herd mit Backofen" nicht einem Gasherd mit vier Brennstellen und Backofen gleichzusetzen. Die Verfasser des Berliner Mietspiegels 2000 haben bei der Beschreibung der wohnwerterhöhenden Merkmale der Merkmalgruppe 2 bezüglich der in östlichen Bezirken und West-Staaken belegenen Wohnungen Gas- und Elektroherde mit vier Brennstellen gleichgestellt. Dies hängt möglicherweise damit zusammen, dass Elektroherde in den östlichen Bezirken und West-Staaken, insb. wenn sie älteren Datums sind, einen geringeren Bedienungskomfort aufweisen, als dies in westlichen Bezirken der Fall ist. Der Umstand jedenfalls, dass bei den westlichen Bezirken anders als bei den östlichen Bezirken und West-Staaken ausdrücklich nur 4-Plattenherde und nicht auch Gasherde mit vier Brennstellen als wohnwerterhöhendes Merkmal ausgewiesen sind, spricht eindeutig dafür, dass ein vierflammiger Gasherd bei in westlichen Bezirken belegenen Wohnungen kein wohnwerterhöhendes Merkmal darstellt (so schon AG Charlottenburg MM 1989, 6 [30]).

Bezüglich der wohnwerterhöhenden bzw. wohnwertmindernden Merkmale der Merkmalgruppe 3 sind die Merkmale nach Auffassung des Senats ausgeglichen, so dass insoweit weder eine Erhöhung noch eine Minderung des Mittelwerts nach dem Mietspiegel in Betracht kommt. Die wohnwerterhöhenden Merkmale wie Kabelanschluss, Gegensprechanlage und Personenaufzug sind unstreitig. Bezüglich der wohnwertmindernden Merkmale ist davon auszugehen, dass die Wohnung jedenfalls teilweise Einfachfenster hat, die Wohnräume schlecht besonnt sind und kein nutzbarer Balkon vorhanden ist. Das Merkmal "Einfachfenster" ist nicht auf reine Wohnräume beschränkt, so dass die Tatsache der Verglasung von Küche und Bad mit Einfachfenstern bereits für das Merkmal der Wohnwertminderung einschlägig ist. Es kommt aber hinzu, dass auch der als "Wintergarten" bezeichnete Raum, der zu den eigentlichen Wohnräumen gehört, lediglich eine Einfachverglasung aufweist. Die Wohnwertminderung setzt nicht voraus, dass sämtliche Räume Einfachfenster haben.

Da die eigentlichen Wohnräume lediglich Fenster nach Norden besitzen, muss davon ausgegangen werden, dass sie schlecht besonnt sind. Daran ändert auch nichts, dass das Fenster der Küche nach Süden ausgerichtet ist und daher davon ausgegangen werden kann, dass die Küche hinreichend besonnt wird.

Der Senat vermag dem AG insoweit nicht zu folgen, als es davon ausgeht, dass das wohnwertmindernde Merkmal "kein nutzbarer Balkon" voraussetzt, dass überhaupt ein Balkon vorhanden ist. Ein nicht existierender Balkon ist genauso negativ zu bewerten wie ein vorhandener, jedoch nicht nutzbarer Balkon (so auch LG Berlin GE 2001, 136; LG Berlin MM 1994, 66; AG Schöneberg MM 1990, 261). Der gegenteiligen Auffassung (LG Berlin GE 2001, 1404; GE 1999, 1212; GE 1992, 673; AG Schöneberg GE 2002, 469; AG Neukölln GE 1993, 163) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Es ist nicht zutreffend, dass ein nicht vorhandener Balkon sich weder wohnwerterhöhend noch wohnwertmindernd auswirkt. Es ist auch nicht richtig, dass das Merkmal "kein nutzbarer Balkon" das Gegenstück zu dem wohnwerterhöhenden Merkmal "großer geräumiger Balkon ..." ist. Aus der Beschreibung dieses Merkmals ergibt sich gerade, dass es kleinere Balkone gibt, die nicht wohnwerterhöhend sind. Wenn eine Wohnung überhaupt keinen Balkon besitzt, muss dies schon nach den modernen Wohnbedürfnissen als ein Minus angesehen werden, da die Nutzer der ...

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