3.1 Begünstigte Kindschaftsverhältnisse
3.1.1 Im 1. Grad verwandte Kinder
Hierzu gehören leibliche und angenommene Kinder.
Erkennt der leibliche Vater eines Kindes in einem Rechtsstreit um die Gewährung eines Kinderfreibetrags während des finanzgerichtlichen Verfahrens die Vaterschaft an, nachdem das Kind die Scheinvaterschaft des ehelichen Vaters angefochten hat, hat das FG die zivilrechtlich bis zur Geburt zurückwirkende Vaterschaft bei der Entscheidung über den angefochtenen ESt-Bescheid zu berücksichtigen und die kindbedingten Steuervorteile zu gewähren. Diese Grundsätze gelten auch im Veranlagungs- und im Einspruchsverfahren. Bestandskräftige ESt-Bescheide sind nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) zu ändern.
Die angenommenen Kinder (Adoptivkinder) gehören ebenfalls zu den zu berücksichtigenden Kindern.
3.1.2 Pflegekinder, Stief- und Enkelkinder
Pflegeeltern können für Pflegekinder die Freibeträge für Kinder in Anspruch nehmen. Allerdings müssen dafür bestimmte Voraussetzungen vorliegen.
Stiefeltern und Großeltern können für ihre Stief- bzw. Enkelkinder das Kindergeld bekommen. Einen eigenen Anspruch auf die Freibeträge für Kinder haben sie jedoch nicht. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt aber eine Übertragung der Freibeträge in Betracht. Dies gilt auch für den Lebenspartner eines Elternteils.
3.1.3 Ausschluss der Doppelberücksichtigung von Adoptivkindern bzw. von Pflegekindern und leiblichen Kindern
Adoptivkinder:
Mit der Adoption eines Minderjährigen erlischt das Verwandtschaftsverhältnis zu seinen Eltern, bei Annahme des Kindes des Ehegatten (Stiefkind) nur das Verwandtschaftsverhältnis zum anderen Elternteil. Bei minderjährigen Kindern kann sich deshalb keine Doppelberücksichtigung ergeben.
Mit der Annahme eines Volljährigen erlischt hingegen im Regelfall das Verwandtschaftsverhältnis mit den leiblichen Eltern nicht.
§ 32 Abs. 2 Satz 1 EStG bestimmt daher, dass ein angenommenes Kind vorrangig bei den Adoptiveltern zu berücksichtigen ist. Den leiblichen Eltern steht kein Kinderfreibetrag/Bedarfsfreibetrag zu, wenn das Kind bei den Adoptiveltern berücksichtigt wird.
Pflegekinder:
Nach § 32 Abs. 2 Satz 2 EStG erhalten Pflegeeltern für ein Kind, das bei ihnen die Voraussetzungen als Pflegekind erfüllt, vorrangig den Kinderfreibetrag/Bedarfsfreibetrag. Den leiblichen Eltern steht demzufolge kein Kinderfreibetrag/Bedarfsfreibetrag mehr zu.
3.2 Kinder bis zum 18. Lebensjahr
Ein Kind wird nach § 32 Abs. 3 EStG ab dem Kalendermonat der Geburt berücksichtigt. Es wird längstens bis zu dem Kalendermonat berücksichtigt, in dem es das 18. Lebensjahr vollendet. Hat das Kind zu Beginn des Kalendermonats das 18. Lebensjahr bereits vollendet, ist es nicht mehr zu berücksichtigen.
Für die Lebensaltersberechnung gilt § 187 Abs. 2 Satz 2 BGB i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB.
3.3 Kinder nach Vollendung des 18. Lebensjahres
3.3.1 Voraussetzungen zur Berücksichtigung
Kinder werden nach dem Kalendermonat, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden, nur noch unter folgenden besonderen Voraussetzungen berücksichtigt:
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Altersgrenze |
bei Arbeitsuche bzw. Beschäftigungslosigkeit, wenn das Kind nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist |
21. Lebensjahr |
bei Berufsausbildung |
25. Lebensjahr |
wegen einer Übergangszeit von höchstens 4 Kalendermonaten zwischen 2 Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und eines Freiwilligendienstes oder des freiwilligen Wehrdienstes |
25. Lebensjahr |
wegen fehlendem Ausbildungsplatz, "Wartezeit" |
25. Lebensjahr |
wegen Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres oder eines freiwilligen ökologischen Jahres, einer Freiwilligenaktivität im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps i. S. d. Verordnung (EU) Nr. 2018/1475, eines entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes "weltwärts", eines anderen Dienstes im Ausland i. S. d. § 5 Bundesfreiwilligendienstgesetzes, eines Freiwilligendienstes aller Generationen, eines Internationalen Jugendfreiwilligendienstes oder des Bundesfreiwilligendienstes |
25. Lebensjahr |
bei körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung und daraus folgender Unfähigkeit zum Selbstunterhalt. Die Behinderung muss vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten sein. |
ohne Altersgrenze |
Verlängerungszeit über das 21. bzw. 25. Lebensjahr hinaus
Der Berücksichtigungszeitraum verlängert sich grundsätzlich
- bei arbeitsuchenden bzw. beschäftigungslosen Kindern, die bei einer inländischen Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet sind,
- bei Kindern, die sich in Berufsausbildung befinden, und
- bei Kindern, die sich in einer Übergangszeit von höchstens 4 Monaten i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG befinden,
über das 21. Lebensjahr oder das 25. Lebensjahr hinaus um die tatsächlich geleistete Dauer des gesetzlichen Wehrdienstes bzw. Zivildienstes, des freiwilligen Wehrd...