16.1 Zweck und Inhalt der Vorschrift
Mit der Regelung von § 65 EStG wird eine Kumulation von Kindergeld und dem Kindergeld vergleichbaren, anderen Leistungen ausgeschlossen. Der Ausschluss der Zahlung von inländischem Kindergeld tritt immer dann ein, wenn entweder
- der Berechtigte selbst Anspruch auf die in § 65 Abs. 1 Satz 1 EStG genannten Leistungen oder
- eine andere Person Anspruch auf die Leistungen i. S. v. § 65 Abs. 1 Satz 1 EStG für das beim Anspruchsberechtigten zu berücksichtigende Kind hat.
Für den Ausschluss von inländischem Kindergeld ist nicht die tatsächliche Zahlung vergleichbarer Leistungen maßgebend, es reicht bereits, wenn ein Rechtsanspruch auf derartige Leistungen besteht. Das heißt, die vergleichbaren Leistungen haben immer Vorrang vor der Zahlung des Kindergelds (Ausnahme bei über- und zwischenstaatlichen Regelungen).
Über- und zwischenstaatliche Regelungen:
Für ein Kind, das
ist zur Vermeidung von Doppelzahlungen nicht § 65 EStG anzuwenden, sondern sind die Konkurrenzregelungen
- der EG-Verordnungen bzw.
- der jeweiligen Abkommen über Soziale Sicherheit
maßgebend.
Gleichermaßen sind die Konkurrenzregelungen anzuwenden, wenn das Kind im Inland lebt, der Anspruchsberechtigte
- Anspruch auf inländisches Kindergeld hat und gleichzeitig
- Anspruch auf Kindergeld in einem anderen EU-/EWR-Staat, der Schweiz oder in einem Abkommensstaat
besteht.
Im Rahmen der Vergleichsrechnung nach § 31 EStG wird der Anspruch auf eine vergleichbare Leistung nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG der ESt-Minderung aufgrund des Abzugs der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG (Kinderfreibetrag und Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf) gegenübergestellt. Sollte danach der Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG günstiger sein, wird die vergleichbare Leistung nach § 65 EStG der tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet.
16.2 Leistungen, die zum Ausschluss des Kindergelds führen
Kindergeldähnliche Leistungen i. S. v. § 65 EStG sind
- ausländische Leistungen für Kinder, die dem inländischen Kindergeld oder den Kinderzulagen der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. den Kinderzuschüssen der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind, oder
- Leistungen einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung, die für Kinder gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
16.2.1 Ausländische Leistungen für Kinder
Die ausländischen Leistungen für Kinder müssen ihrer Art bzw. ihrer Zweckbestimmung nach dem inländischen Kindergeld oder den Kinderzulagen bzw. Kinderzuschüssen vergleichbar sein. Über diejenigen ausländischen Leistungen, die dem Kindergeld vergleichbar sind und die Zahlung von Kindergeld nach dem EStG ausschließen, liegt eine Übersicht des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) vor.
Die Familienkasse darf nicht bereits deshalb zulasten eines Berechtigten unterstellen, es habe ein Anspruch nach ausländischem Recht bestanden, wenn er eine Bescheinigung über Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs auf ausländische Familienleistungen nicht beibringen kann (z. B. wegen fehlender Antragstellung im Ausland).
Eine von einem privaten Schweizer Arbeitgeber auf Grundlage des Anstellungsreglements gezahlte Familienzulage ist keine mit dem deutschen Kindergeld vergleichbare Leistung.
16.2.2 Leistungen zwischen- oder überstaatlicher Einrichtungen für Kinder
Die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährten Leistungen müssen ihrer Zweckbestimmung nach dem Kindergeld vergleichbar sein.
Derartige Leistungen entsprechender Einrichtungen, die zum Ausschluss inländischen Kindergelds führen, erhalten in erster Linie Beschäftigte der Europäischen Gemeinschaft, des Europäischen Patentamts und der NATO.
Kindergeld kann in diesem Fall nur dann festgesetzt werden, wenn entweder von der Beschäftigungsbehörde bescheinigt wird, dass nach den geltenden Vorschriften ein Anspruch auf eine solche Leistung nicht besteht, oder wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen.
Der Anspruch auf Kindergeld ist nicht nach § 65 Abs. 1 Satz 3 EStG ...