Minderjährige – und in der Regel auch volljährige – Kinder ohne Einkünfte besitzen keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung i. S. d. § 1610 Abs. 2 BGB. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer beiden unterhaltspflichtigen Eltern ab[1].

Dabei ist die Unterhaltspflicht des einzelnen Elternteils jedoch auf den Betrag begrenzt, den der barunterhaltspflichtige Elternteil aufgrund des von ihm erzielten Einkommens zahlen muss. Der Kindesunterhalt kann daher bei Praktizierung des sogenannten Residenzmodells bei Minderjährigen in der Regel aufgrund des vom Barunterhaltspflichtigen erzielten Einkommens ermittelt werden.[2]

Wie in allen Unterhaltsrechtsverhältnissen kommt es dementsprechend auch beim Kindesunterhalt auf die richtige Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens an. Zur Feststellung des Einkommens sind stets sämtliche Einkünfte heranzuziehen. Hierzu zählen alle in § 2 EStG genannten sieben Einkunftsarten. Hierzu zählen:

  • Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
  • Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
  • Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit,
  • Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit,
  • Einkünfte aus Kapital,
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
  • sonstige Einkünfte nach § 22 EStG.

     
    Wichtig

    Bei der Einkommensprognose ist stets zu hinterfragen, ob Veränderungen abzusehen sind, die sich auf die Höhe des zukünftigen Einkommens auswirken. Eine einmalige Zahlung im Vorjahr, die zukünftig nicht mehr anfallen wird (z. B. Jubiläumszulage), ist bei der Ermittlung des zukünftigen Durchschnitteinkommens herauszurechnen.

    Dies gilt insbesondere auch für Entwicklungen anlässlich der Corona-Krise. So kann das vergangene Einkommen in Folge von Kurzarbeit, welches wegen der Corona Pandemie gezahlt wurde, geringer ausgefallen sein. Ist die Kurzarbeit beendet, ist dies für die Ermittlung des aktuellen Einkommens zu berücksichtigen.

    Das OLG Brandenburg[3] hat z. B. Mitte des Jahres 2021 entschieden, dass eine Prognose des künftig erzielbaren Einkommens nur auf der Basis des regelmäßigen monatlichen Nettoverdienstes möglich sei, solange sich noch nicht abschätzen lässt, wie sich die deutsche Wirtschaft von den Folgen der Corona-Pandemie erholen wird.

[1] BGH, FamRZ 2021, 28.
[2] BGH, FamRZ 2021, 1965.

2.1 Das Einkommen des nichtselbstständig Tätigen

Bei Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit sind regelmäßig alle Leistungen anzusetzen, d. h. auch Einkünfte, die ein Arbeitnehmer unregelmäßig oder einmalig bezieht. So sind auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie sonstige Zuwendungen[1], Provisionen[2] und Tantiemen[3], Prämien[4] und Überstundenvergütungen im Rahmen des Üblichen[5] als Einkommen anzusetzen.

Bei Angestellten wird dabei auf den Durchschnitt der letzten 12 Monate abgestellt. Da Tantiemen oder Prämien in der Regel jährlich schwanken, ist für diesen Einkommensbestandteil abweichend davon wie bei Selbstständigen ein Mehrjahresschnitt zu bilden. Das Einkommen eines nichtselbstständig Tätigen, das zu einem Großteil aus in der Höhe schwankenden Provisionszahlungen besteht, ist ebenfalls wie das Einkommen eines Selbstständigen anhand eines zeitnahen Dreijahreszeitraums zu ermitteln.[6]

[1] BGH, Versäumnisurteil v. 30.7.2008, XII ZR 126/06.
[4] Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil v. 12.5.2010, 6 UF 132/09.
[5] BGH, Urteil v. 1.6.1983, IVb ZR 389/81.
[6] AG Saarbrücken, Urteil v. 8.10.2008, 40 F 247/07.

2.1.1 Spesen und Reisekosten

Spesen und Reisekosten sind Aufwendungen, die durch Geschäftsreisen veranlasst sind. Zumeist betrifft dies einen zusätzlichen Aufwand für Verpflegung, Fahrtkosten und Übernachtungskosten. Sie gelten nur als Einkommen, soweit sie die tatsächlichen Aufwendungen übersteigen. Ferner können Spesen entsprechende häusliche Ersparnisse nach sich ziehen, welche nach § 287 ZPO der Schätzung unterliegen. In der Praxis werden derartige zweckbestimmte Entgelte oft mit einer Quote von 1/3 oder 1/2 angerechnet.

2.1.2 Geldwerte Vorteile (insbes. der Dienst- oder Geschäftswagen)

Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers aller Art sind dem Einkommen hinzuzurechnen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen. Dabei liegt in der Frage der Höhe der ersparten Eigenaufwendungen regelmäßig der größte Streitpunkt. Besonders praxisrelevant ist in diesem Zusammenhang die Nutzung eines Dienst– bzw. Geschäftswagens. Wird einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, erhöht sich grundsätzlich sein unterhaltspflichtiges Einkommen, soweit er eigene Aufwendungen für die Unterhaltung eines PKWs erspart.[1] Die Gerichte orientieren sich vielfach für die Bewertung des geldwerten Vorteils an den hierfür steuerlich in Ansatz gebrachten Beträgen (Stichwort: 1 %-Regelung).[2]

 
Hinweis

Oftmals wird bei der Frage der Bemessung des geldwerten Vorteils vorgetragen, dass bei privater Anschaffung kein so teures Auto gewählt worden wäre und dementsprechend der geldwerte Vorteil für die mögliche Privatnutzung nicht entsprechend der steuerlichen 1 ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge