Die Einkommensermittlung bereitet regelmäßig besondere Schwierigkeiten, wenn Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit vorhanden sind. Bei derartigen Einkünften ist der Gewinn gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG im Wege der Bilanzierung oder durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu ermitteln. Für die Einkommensermittlung sollten jedenfalls folgende Unterlagen herangezogen werden:
- Einnahmen-Überschuss-Rechnung,
- Bilanz, falls bilanziert wird, Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA),
- Summen- und Saldenlisten,
- Einkommensteuerbescheide nebst den dazugehörigen Erklärungen,
- Umsatzsteuerbescheide.
Die erstellten Bilanzen bzw. Einnahmen-Überschuss-Rechnungen sind dabei nach unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen. Nach der Rechtsprechung werden nämlich nicht alle steuerrechtlich möglichen Ausgabeposten unterhaltsrechtlich anerkannt. Regelmäßig wird von dem Unterhaltsberechtigten sorgfältig zu prüfen sein, in welchem Umfang Betriebskosten ausgewiesen wurden, die letztlich allein, überwiegend oder aber zumindest auch dem Privatbereich zuzurechnen sind. Folgende Positionen sind besonders zu hinterfragen:
- Leasingraten: Hier ist eine Angemessenheitsprüfung angezeigt und zu hinterfragen, ob die Leasingraten in einem angemessenen Verhältnis zu den Einkünften stehen.
- Geschenke: Werbegeschenke, ggf. für private Zwecke.
- Miete und Raumkosten: Wird eine Immobilie teils privat, teils betrieblich genutzt, können Hauslasten und Nebenkosten nur anteilig als Betriebsaufwand angesetzt werden.
- Personalkosten: Oft hat der Ehegatte während des Zusammenlebens der Eheleute zur Kostenerhöhung des Selbstständigen durch eine geringfügige Nebentätigkeit beigetragen, ohne tatsächlich zu arbeiten.
- Porto: ggf. für private Korrespondenz.
- Sonstige Kosten: Wenn nicht hinreichend aufgeschlüsselt; häufig finden sich dort hohe Beträge, deren betriebliche Bedingtheit zu bezweifeln ist.
- Telefonkosten: ggf. privater Eigenanteil.
- Versicherungen: ggf. privat veranlasst.
- Werbekosten: z. B. Kosten für Zeitungsanzeigen.
Vielfach werden im Rahmen von Gewinn- und Verlustrechnungen oder Einnahmen-Überschuss-Rechnungen in größerem Umfang Abschreibungen bzw. Absetzungen für Abnutzung (sogenannte AfA) in Ansatz gebracht. Der BGH hatte hierzu zunächst 1980 im Grundsatz vertreten, dass dem durch das steuerliche Institut der Abschreibung pauschal berücksichtigten Verschleiß von Gegenständen des Anlagevermögens oft keine tatsächliche Wertminderung in Höhe des steuerlich anerkennungsfähigen Betrages entspricht und erst recht keine entsprechende Minderung des Einkommens festgestellt werden kann. Es wurde nach der älteren BGH-Rechtsprechung danach verlangt, dass der Unterhaltspflichtige darlegt, welche Nutzungsdauer die abgesetzten Wirtschaftsgüter im Einzelnen haben; danach waren ggf. die jährlichen AfA-Raten unterhaltsrechtlich neu festzusetzen. Seit einem Urteil des BGH aus dem Jahre 2003 ist dieses jedoch anders zu beurteilen. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH kann im Regelfall der Ansatz der linearen AfA nach den von der Finanzverwaltung herausgegebenen AfA-Tabellen in die Ermittlung des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens übernommen werden. Die Gerichte sind jedoch nicht daran gebunden. Der BGH hat in der maßgeblichen Entscheidung ausgeführt:
Zitat
… Dies aber bedeutet, daß im Falle einer steuerrechtlich korrekt vorgenommenen Sonderabschreibung das betreffende Wirtschaftsgut im Jahre der Anschaffung und in der Folgezeit zu unterhaltsrechtlichen Zwecken fiktiv linear abzuschreiben ist. Die zur linearen Abschreibung von der Finanzverwaltung herausgegebenen AfA-Tabellen geben nämlich regelmäßig den tatsächlichen Wertverzehr wieder. Dies gilt insbesondere für die vom Bundesministerium der Finanzen neu erstellte AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter ("AV") vom 15. Dezember 2000 (BStBl. I 2000, 1533), die die maßgebliche Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter im Vergleich zu früher weitgehend verlängert hat (vgl. Hommel, BB 2001, S. 247, 249). Die in diesen Tabellen für die einzelnen Anlagegüter angegebene betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beruht auf Erfahrungen der steuerlichen Betriebsprüfung (vgl. Bundesministerium der Finanzen Schreiben vom 6. Dezember 2001, BB 2002, S. 621). Es erscheint unbedenklich, diese Erfahrungswerte auch im Rahmen der Berechnung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens zu übernehmen (vgl. auch Laws FamRZ 2000, 588). Die AfA-Tabellen haben somit die Vermutung der Richtigkeit für sich; sie binden jedoch – wie im Steuerrecht (vgl. Schmidt/Drenseck, EStG 21. Aufl. § 7 Rn. 84 m.N.) – die Gerichte nicht und sind unbeachtlich, sofern sie erkennbar nicht auf Erfahrungswissen beruhen, also offensichtlich unzutreffend sind. In diesen Fällen hat das Gericht die Nutzungsdauer zu schätzen oder durch Erholung eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln...
Die sogenannte Ansparabschreibung nach § 7g EStG, bei der es sich um eine Rückstellung für künftige abschreibungsfä...